Die Skala und das System der Ausbildung
Eine kritische Interpretation
Heinz Meyer, Christine Orterer
Den zentralen Inhalt der in den „Richtlinien“ der Deutschen Reiterlichen Vereinigung
niedergelegten Schulung des Pferdes stellt die „Skala der Ausbildung“ dar: Die Schulung in den Bereichen Takt und Losgelassenheit, Anlehnung und Schwung sowie Geraderichten und Versammlung soll auf die Durchlässigkeit hinauslaufen. Diese Ausbildung soll in drei Phasen erfolgen. An die Gewöhnungsphase
soll sich die Entwicklungsphase der Schubkraft anschließen und auf dieser die Phase der Entwicklung der Tragkraft aufbauen. Die „Richtlinien“ beschwören das ehrwürdige Alter sowie die Unumstößlichkeit
dieser Grundsätze der Ausbildung.
Anders als die Darstellung in den „Richtlinien“ analysiert das vorliegenden Buch die „Skala der Ausbildung“ nüchtern und kritisch. Diverse verbreitete Ansichten über die „Skala“ werden korrigiert:
Die „Skala“ ist relativ jung; sie wurde nämlich erst 1979 in einem FN-Lehrbuch
formuliert.
Die in die „Skala“ aufgenommenen Grundsätze sind nicht unumstößlich; in
ihrem Zusammenhang mit den Phasen der Ausbildung wurden sie bereits
mehrfach verändert und auch erweitert.
Die „Skala“ wird dem komplexen Verlauf der Ausbildung eines Pferdes nicht
gerecht; sie vereinfacht die realen Prozesse über Gebühr.
Ausführlich werden hier die geschichtlichen Vorläufer der „Richtlinien“ und der „Grundsätze“ der Ausbildung des Pferdes dargestellt, nämlich die verschiedenen Reitvorschriften der deutschen Kavallerie einschließlich der vielzitierten Vorschrift von 1937(H. Dv. 12). Eingehend wird der Leser über die
Argumente der Befürworter und der Kritiker der „Skala“ informiert.
Gegen die vereinfachte Fassung des Verlaufs der Schulung des Pferdes in der
„Skala“ wird das „System der Ausbildung“ im einzelnen beschrieben und in
einer graphischen Übersicht zusammengefaßt. Dieses System wird der Komplexität
der Ausbildung des Pferdes gerecht; es respektiert sowohl die verschiedenen
Bereiche als auch die verschiedenen Stadien der Schulung.
Das Buch schließt mit der Darstellung der Prozesse des Lernens. Diese bilden
nämlich die Basis für den in der Ausbildung erreichten Erwerb von neuen Fähigkeiten.