Die Sünde der Engel
Claudia Losekam
Die Frage nach Herkunft und Auswirkungen der Sünde ist in der frühjüdischen Literatur eng mit der Auslegung von Gen 6,1-4 verbunden. Im Engelfallmythos der apokalyptischen Literatur erscheint das Böse oder die Sünde implizit als ein Phänomen, dass aus dem Bereich der zu Gott gehörigen Wesen in den Bereich der Menschen gelangt.
Die vorliegende, traditionsgeschichtlich ausgerichtete Studie zeichnet anhand detaillierter Textanalyse gnostischer Originalschriften die Rezeption des Engelfallmythos in der Gnosis nach. Dabei zeigt der exegetisch kreative Umgang mit der Engelfalltradition (Rekontextualisierung, Kombination von Traditionen) durchaus eine Anlehnung an die biblische Überlieferung. Die gnostischen Autoren knüpfen in ihren Darlegungen der Beeinflussung des Menschen durch das Böse an die Engelfalltradition an, wobei der Sexualmetaphorik eine wichtige Rolle zukommt.
Unterschiede wie auch Anlehnungen der gnostischen Rezeption der Engelfalltradition an die frühjüdische wie spätere jüdische Exegese lassen zwar eine eindeutige Antwort auf die Frage nach dem Verhältnis von Judentum und Gnosis offen, weisen jedoch analoge Denkfiguren in der AuseinanderSetzung mit der Frage nach Herkunft und Einfluss des Bösen unter den Menschen im Zusammenhang der Rezeption der Henochliteratur auf.