Die Urzelle ‚Weststadt‘
Kommunalpolitik im Schatten der Macht
Jürgen Dittberner
Die Gemeinde gilt als Urzelle der Demokratie. Auch renovierungsbedürftige, stinkende Schulklos soll sie beseitigen können – wenn sie das schafft, muss es auch im Land und im Bund funktionieren. Klaus Mitt aber wohnt in Berlin, der Bundeshauptstadt. Was ist seine Gemeinde? – Berlin ist es nicht: Die Metropole saniert nämlich keine Schulklos. Der Bezirk, in dem er lebt, wäre zuständig. Aber der wird gerade fusioniert mit einem anderen Berliner Bezirk. Der “Großbezirk” Charlottenburg-Wilmersdorf muss jetzt die Schulklos in seinem Terrain sanieren. Söhnchen Lars Mitt, acht Jahre alt, hätte das gerne so. Also zieht Vater Klaus über eine Partei in das an sich kompetenzlose Kommunalparlament ein, das sich Bezirksverordnetenversammlung, BVV, nennt. Mitts Frau Helga engagiert sich lieber in der Elternvertretung der Schule des gemeinsamen Sohnes. In der BVV stößt Mitt auf die Theatervielfalt seines Bezirkes, erfährt etwas über das horizontale Gewerbe, Parkraumbewirtschaftung, Gender Mainstreaming, Karneval in Berlin, Flüchtlinge und die Deutschlandhalle. Das alles fesselt ihn so sehr, dass er die Schulklos darüber aus den Augen verliert. Sie stinken weiter. Jürgen Dittberner, lange Jahre für die FDP im Berliner Abgeordnetenhaus und in einer BVV, legt mit Urzelle „Weststadt“ einen pointiert und lebensnah verfassten Roman über die real existierende Lokalpolitik in Berlin vor – unbedingt lesenswert!