Die Vier Tageszeiten
Die Jugendstilmalereien von Antonio De Grada am Haus Bleicherweg 45 in Zürich-Enge
Marc Philip Seidel
Das Haus Bleicherweg 45 gehört zu den besten Beispielen der Jugendstilarchitektur im Grossraum Zürich und steht seit 1971 unter Denkmalschutz. Der Mailänder Künstler Antonio De Grada (1858-1938) hatte die Jugendstilmalereien mit den Tageszeiten-Allegorien 1906 im Auftrag des renommierten Architekturbüros Chiodera & Tschudy geschaffen. Die mit Symbolen aufgeladenen Secco-Malereien bergen den Schlüssel für das Verständnis des äusserst vielschichtigen Programms: Durch die Integration in den architektonischen und thematischen Kontext der Häuserzeile Bleicherweg 37 bis 47 sind sie als Schlüsselelement mit zahlreichen Querbezügen von innen und aussen zu begreifen. Der Autor hat nach jahrelanger Recherchetätigkeit über Leben und Werk des Künstlers Antonio De Grada das Geheimnis gelüftet und in diesem Kunstführer zusammengetragen.
Ausführliche Beschreibung
Die Forschungsergebnisse der letzten zehn Jahre haben gezeigt, dass das Oeuvre De Gradas sowohl im kollektiven Gedächtnis komplett in Vergessenheit geraten war, wie auch in Forscherkreisen nicht beachtet wurde. Noch im Jahr 1971 wären die Jugendstilmalereien am Haus Bleicherweg um ein Haar vom damaligen Besitzer überstrichen worden. Zehn Jahre nach der ersten fundierten wissenschaftlichen Arbeit über die “Vier Tageszeiten” (1906) von Antonio De Grada am Haus Bleicherweg 45 ist das Forschungsprojekt mit einer Dissertationsschrift über den italienischen Künstler (Universität Bern, 2014) an einem weiteren Meilenstein angelangt. Die Herausgabe des Kunstführers anlässlich des 100. Jubiläums der Jugendstilfassade (dreamis 2006) wurde nach der Neufassung der Secco-Malereien einerseits (Fontana & Fontana 2010), durch bedeutende Neuentdeckungen andererseits nun in ergänzter und erweiterter Form möglich.ist hervorzuheben, dass das Haus Bleicherweg 45 zu den besten Beispielen der Jugendstilarchitektur in Zürich gehört und dass die Fassadenmalerei von Antonio De Grada ein einzigartiges und deshalb schützenswertes Relikt aus der Jugendstilzeit im Raum Zürich ist. Durch die Integration vorgegebener Motive in die „Vier Tageszeiten“ fügt sich das chronologisch gesehen letzte Werk perfekt in den architektonischen Kontext der Häuserzeile Bleicherweg 37 bis 47 ein. Die hier aufgezeigten Querverbindungen der einzelnen Elemente und Symbole untereinander rechtfertigen die Bezeichnung als Gesamtkunstwerk. Die im Kunstführer aufgeführten Beobachtungen bestätigen, dass die Fassadenmalereien der „Vier Tageszeiten“ der Schlussstein in einem äusserst vielschichtigen Programm ist, das bereits vor der Entstehungszeit der Malereien im Jahr 1906 zum wesentlichen Teil vorhanden war. Das Werk ist folglich eng mit seinem geographischen Umfeld in Zürich verbunden. Damit hat nicht nur Antonio De Grada ein für Zürich einzigartiges Werk geschaffen, sondern auch die Architekturfirma Chiodera & Tschudy haben sich mit dieser Häuserzeile ein Denkmal gesetzt.