Eine Märkische Sagenreise
Karl H Otto
In grauer Vorzeit nannten die Wissenden unsere Mark Brandenburg geringschätzig die Streusandbüchse des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Doch wer das Land zwischen Elbe und Oder auch nur flüchtig bereist, der wird dieses zählebige Etikett schnell Lügen strafen. Denn die Mark bietet mehr als ein Bild spröder Herbheit, das Sand, Heide und Kiefern malen. Unser Land zeigt sich weit vielfältiger, als alle Vorurteile orakeln.
Wildreiche Wälder und romantische Seen, Flachmoore und urbar gemachte Sumpfniederungen, Moränenhügel und endlose Alleen bestimmen ihre landschaftlichen Reize. Die märkischen Dörfer und Städte erzählen von der bewegten Geschichte eines Grenzlandes, das germanische Semnonen, slawische Heveller und Lusiki genauso prägten wie deutsche Kolonisatoren, holländische und französische Einwanderer. Sie alle hinterließen in Burgen und Stadttoren, in Kirchen und Klöstern ihre unverwechselbaren Zeitzeugen.
Zahllose Dichter haben die Mark und ihre Reize besungen. Doch keiner hat in seinen Werken das Land an Havel und Spree so liebevoll beschrieben wie Theodor Fontane. Besonders in seinen Wanderungen durch die Mark Brandenburg setzte er seinen Märkern ein bleibendes Denkmal. So gilt noch immer für den Wanderer unserer Tage der Rat des weisen Dichters aus Neuruppin: Wer in der Mark reisen will, der muss zunächst Liebe zu Land und Leuten mitbringen und die Geschichte dieses Landes lernen zu lieben.
In diesem Sinne möchte dieses Büchlein bescheidener Wegweiser zu den versunkenen Welten der einstigen Mark sein und ihr romantisches Gesicht im Spiegel ihrer reichen Sagen und Legenden zeigen.
Bei aller gebotenen Beschränkung führt unsere märkische Sagenreise in den Fläming und den Barnim, in die Niederlausitz, die Uckermark und die Prignitz, ins Ruppiner und ins Havelland. Kurze historische Reminiszenzen und Colorfotos sollen dabei Brücken schlagen zwischen den geschichtlichen Ereignissen, den phantasievollen Sagen und den bis heute erhaltenen steinernen Zeitzeugen.
Bleibt den Besuchern Brandenburgs zu wünschen, dass unser Sagenbüchlein als goldener Schlüssel zu manchem märkischen Rätsel dienen und neue Freunde für dieses liebenswerte Land werben möge.
Selbstredend kann und möchte unser kleiner Ausflug in die märkische Sagenwelt keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Wenn wir Sie bei aller gebotenen Kürze und dem Zwang zur Auswahl trotzdem neugierig gemacht haben sollten, sich Brandenburg liebevoll und vorurteilsfrei zu nähern, darf unser publizistisches Anliegen als gelungen gelten.