Eine strategische Analyse des Nachhaltigkeitsgipfels von RIO 2012
Beschwörung einer grünen Wirtschaft vor dem Hintergrund struktureller Handlungsunfähigkeit der Staatengemeinschaft
Christoph Bals
Der Nachhaltigkeitsgipfel in Rio de Janeiro vom 20. bis 22. Juni 2012 demonstrierte deutlich die strukturelle Handlungsunfähigkeit der internationalen Staatengemeinschaft in Nachhaltig-keitsfragen. Die Regierung der Weltmacht USA ist aufgrund innerer Blockaden nur begrenzt handlungsfähig. Die geopolitischen Verschiebungen zwischen aufstrebenden und an Bedeutung verlierenden Mächten führen zu weiteren Blockaden. Angesichts der Finanz- und Wirt-schaftskrise stellen immer mehr Regierungen auf einen kurzfristigen Krisenbekämpfungsmodus um. So verwundert es nicht, dass es bei den großen Fragen von Rio nur kleinschrittige Fortschritte gab: beim Arbeitsauftrag für die Entwicklung von aktionsorientierten Nachhaltig-keitszielen bis 2015, bei der institutionellen Aufwertung des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) und Ablösung der Kommission für Nachhaltige Entwicklung (Commission on Sustainable Development, CSD) sowie bei der Unterstützung einer grünen Wirtschaft im Kontext von nachhaltiger Entwicklung und Armutsbekämpfung.
Es ist fast erstaunlich, dass es dem Rio-Gipfel gelang, trotz aller Schwierigkeiten das Thema „Green Economy“ weltweit auf die Agenda zu setzen. Auch dies zeigt die Bedeutung multila-teraler Prozesse. Aber es ist auch überdeutlich, dass sich mit diesen Prozessen allein – deren Aufgabe es ist, den Minimalkonsens zu organisieren – der Ausstieg aus dem Gefangenendilemma nicht organisieren lässt. Dazu bedarf es des Handelns einzelner Staaten und der überzeugenden Vorreiterrollen – eine gelungene Energiewende in Deutschland könnte das Zeug dazu haben. Und es bedarf der Vorreiterallianzen zwischen Staaten, um das Handeln und Ver-handeln zu dynamisieren. Germanwatch schlägt mögliche Allianzen für die Zeit nach Rio zu drei Themenpaaren vor: Zugang zu Energie und Klimaschutz, Recht auf Nahrung und nachhaltige Landwirtschaft sowie Ende der Überfischung der Meere und Schutz der Ozeane.