»… einfach weg aus meinem Leben.«
Eine qualitative Studie über Frauen, die ihren Partner getötet haben
Barbara Kiesling
Warum trennen sich misshandelte Frauen nicht von ihrem Partner? Auf diese seit Jahrzehnten untersuchte Frage gibt es bisher keine überzeugende Antwort.
»Wir wollten einen Neuanfang machen!«, »Ich hatte ihn zu gern!«, »Er tat mir dann wieder Leid« – so ähnlich begründen die Frauen, die in diesem Buch zu Wort kommen, ihr Verharren bei einem Partner, von dem sie gleichzeitg berichten, wie unerträglich er gewesen ist. Es sind Frauen, die ihren Partner töteten. Richter und Staatsanwälte stehen vor einem Dilemma: Was kann man glauben von ihren Ausführungen, die logisch so inkongruent sind? Die jeweils dargelegten Gründe müssen als Rechtfertigung – für ein im Grunde von den betroffenen Frauen selbst nicht nachvollziehbares Phänomen – verstanden werden. Mit Hilfe von Tiefeninterviews und deren minutiöser Textanalyse unternimmt die Autorin den Versuch, sich dem Phänomen so weit als möglich zu nähern. Sie hat sich dabei des Bühnenmodells von Brigitte Boothe (1994) bedient, das heißt, sie hat die in den Ausführungen der Interviewpartnerinnen auftretenden Figuren auf eine imaginäre Bühne gestellt, deren »Kostüme«, Rollenzuweisungen und Interaktionen beobachtet. Was dadurch zum Vorschein gekommen ist, gibt den Blick auf das chiffrierte Selbstverständnis der Frauen, auf ihre Konstruktionen und der daraus resultierenden Komplexität ihres Verhaltens frei. Es eröffnet sich eine Dimension, die tiefe Einblicke in die – durch Abwehrmechanismen und Hemmungen generierte – »Absurdität des zwischenmenschlichen Verhaltens« ermöglicht.