Entwicklung eines alternativen Schubmesskonzeptes bei Flugtriebwerken zur Verbesserung der Zustandsanalyse
Marc Bauer
Kurzfassung
Trotz seiner Relevanz für den Flugbetrieb und die Leistungsanalyse von Flugzeug und Triebwerk ist der erzeugte Schub während des Fluges eine nur indirekt überwachte Größe. Zur Regelung und Kontrolle des Triebwerks wird die Leistung über die Messung von Ersatzgrößen und deren vorab ermitteltem Zusammenhang zum Schub und dem Einfluss der Betriebs-und Umgebungsbedingungen indirekt ermittelt. Damit geht jedoch kein direkter physikalischer Zusammenhang zwischen Messgröße und Triebwerksschub einher. Bedingt durch Veränderungen am Triebwerkszustand, etwa durch Verschleiß, kann es zu Unsicherheiten und Fehlern kommen. Da zu jeder Zeit die benötigte Schuberzeugung des Flugzustands garantiert sein muss, führt dies zur Notwendigkeit von Sicherheitsmargen.
Die fehlende direkte Messung des Schubes macht auch eine Trennung in der Leistungsbewertung des Flugzeugs und des Triebwerks schwierig, da sich aerodynamische Verschlechterungen des Flugzeugs auf den Schubbedarf und damit den Triebwerksbetrieb auswirken können, ohne in der Bewertung des Triebwerkszustands berücksichtigt werden zu können. Durch den wirtschaftlichen Druck in der zivilen Luftfahrt wird zunehmend die Effizienz des Triebwerksbetriebs und der Wartung wichtig. Um neben der sicherheitsrelevanten Wartung des Triebwerks auch eine Bewertung von leistungswiederherstellenden Maßnahmen planen zu können, ist eine zustandsbasierte Wartung angestrebt, basierend auf einer genauen Ermittlung des Triebwerkszustands.
In dieser Arbeit wird die Entwicklung und Erprobung eines dehnungsbasierten Systems zur Messung der Schubkraft eines Triebwerks während des Flugbetriebs präsentiert. An den schubübertragenden Bauteilen der Triebwerksaufhängung wird mit einer kalibrierten und temperaturkompensierten Messung der Dehnung die übertragene Kraft zwischen der Triebwerks- und Flugzeugstruktur bestimmt. Zur Zustandsüberwachung des Triebwerks wird mit den Messdaten aus einer sechsmonatigen Flugerprobung die erreichbare Genauigkeit und das Einsatzpotential untersucht. Für die Flugerprobung wurde das Messsystem in ein ziviles Verkehrsflugzeug eingebaut und während des Routinebetriebs zur Erfassung von Messdaten betrieben. Zum Nachweis der Anwendbarkeit des Messsystems werden die Messdaten aus dem Startlauf- und Reiseflug auf definierte Referenzbedingungen normiert und so die Vergleichbarkeit der Kraftmessung und die Proportionalität zum Triebwerksschub analysiert.
Um eine Zustandsänderung des Triebwerks als Veränderung in der Schuberzeugung erkennen zu können, werden die Messwerte mit entwickelten Berechnungen auf Referenzbedingungen normiert. Über die Untersuchung der Korrelation zwischen übertragener Kraft und erzeugtem Triebwerksschub wird die Tauglichkeit des Messsystems untersucht und die er-reichbare Genauigkeit analysiert. Es kann gezeigt werden, dass mit einer ausreichend hohen Anzahl an Messpunkten der Einfluss von vorhandenen und unkompensierten, zufälligen und daher normalverteilten Einflüssen durch eine statistische Auswertung ausreichend kompensiert wird und eine genaue Bestimmung der Schuberzeugung des Triebwerks bei definierten Bedingungen vorliegt. Über eine Überwachung der Veränderung der Schuberzeugung über die Zeit kann daher der Zustand des Triebwerks überwacht werden. Es steht somit eine direkt gemessene und physikalisch, von der Schuberzeugung abhängige Größe zur Erweiterung der Möglichkeiten der Zustandsüberwachung von Flugtriebwerken zur Verfügung.