Entwurf eines Referenzmodells für Build-to-Order-Konzepte in Logistiknetzwerken der Automibilindustrie
Katja Klingebiel, Axel Kuhn
Die Automobilindustrie mit ihren Zuliefernetzwerken stellt einen wesentlichen Wirtschaftsfaktor für Europa dar. Produkt- und Strukturkomplexität veranlasst
Automobilhersteller wie Zulieferer heute jedoch in weiten Teilen immer noch dazu, Prozesse lokal, nicht-integrativ, an finanziellen Einzelzielen orientiert und dadurch insbesondere prognosegesteuert zu leben. Hieraus resultieren hohe Fahrzeugbestände in der Neufahrzeugdistribution, welche hohe Fahrzeugrabatte implizieren. Die Rufe nach grundlegendem Wandel und neuen Strategien in der Automobilindustrie sind daher allgegenwärtig. Als nahe liegende Lösung wird von vielen Experten die signifikante Erhöhung des Anteils der auftragsgefertigten Fahrzeuge, d.h. der Build-to-Order-(BTO-)Fahrzeuge, bei gleichzeitiger Reduktion der Lieferzeiten zum Fahrzeugkunden gesehen.
Viele einzelne, innovative Konzepte für die Automobilindustrie sind bereits entwickelt, diskutiert und pilotiert worden, um diesem Ziel einer BTO-Orientierung
näher zu kommen. Zwar geben diese Konzepte einen Ausblick auf die Anforderungen und Schwerpunkte der Innovationen; im konkreten Anwendungsfall eines automobilen Unternehmens ist aber unklar, welche Maßnahmen und Empfehlungen aus der BTO-Orientierung resultieren. Darüber hinaus sind die aus Veränderungen von Prozessen und Strukturen resultierenden Auswirkungen meist unbekannt. So ist es unwahrscheinlich, dass die europäische Automobilindustrie mit ihren langjährig gewachsenen Standorten die Umsetzungen ad hoc bewältigen kann: Existierende Strukturen und Prozesse erfordern die schrittweise und abgesicherte Umorientierung.
Konsequenterweise liegt der Schwerpunkt des vorliegenden Buches in der Bereitstellung einer umfassenden und gleichzeitig effizienten Gestaltungsunterstützung für die Transition zu einer flexiblen und stabilen BTO-Strategie für alle Partner eines automobilen Netzwerks. Geleistet wird dies durch einen BTO-Referenzmodellentwurf, der über die Charakterisierung und Dokumentation von BTO-Konzepten deren Bewertung hinsichtlich kundenorientierter Leistung und Wirtschaftlichkeit für den industriellen Anwendungsfall methodisch unterstützt.
Der BTO-Referenzmodellentwurf zielt so darauf ab, die Übertragung von BTO-Konzepten in die Praxis abzusichern und zu erleichtern. Darüber hinaus stellen das entwickelte Vorgehensmodell und die UML-basierte Dokumentationsmethode einen Vorschlag für den bisher fehlenden methodischen Standard zur Unterstützung der logistischen Netzwerkgestaltung dar, welcher Effizienz- und Sicherheitsvorteile bietet.