Erika Giovanna Klien
Wiener Kinetismus
Es waren insbesondere enthusiastische junge Frauen wie Erika Giovanna Klien, die nach einem neuen künstlerischen Ausdruck suchten. In einer Zeit des politischen Neuanfangs, in der die Unterdrückung der Frau jedoch deutlich spürbar war, war der Wiener Kinetismus die erste Kunstrichtung Österreichs mit radikal-abstrakten Ansätzen. Die Kunstrichtung entwickelte sich als revolutionäres pädagogisches Experiment im Verborgenen. Seine große Bedeutung für die österreichische Moderne wurde erst im Nachhinein sichtbar.
Franz Cizek führte in seinen Kursen der ornamentalen Formenlehre die StudentInnen seiner Klasse in die Kunst des Kinetismus ein. Abgeleitet vom griechischen Wort für Bewegung ist diese Kunstrichtung durch eine Mischung von kubistischen, futuristischen und konstruktivistischen Stilelementen gekennzeichnet, mit Fokus auf die Darstellung von Bewegung und Dynamik.
Die Stars der Bewegung waren exzentrische Persönlichkeiten wie Erika Giovanna Klien, My Ullmann und Elisabeth Karlinsky, die sich auch privat für ein Leben abseits der Normen entschieden. Heute fasziniert vor allem die Person Klien, die sich in einem von Männern dominierten Kunst- und Lehrbetrieb durchzusetzen verstand und gemeinsam mit ihren Kolleginnen versuchte, sich zu emanzipieren. 1924 erreichte der Kinetismus seinen Höhepunkt, bald darauf war er in Vergessenheit geraten – bis zur Wiederentdeckung Erika Giovanna Kliens und ihres umfangreichen Œuvres, das seit 1975 zunehmend erforscht, in seiner künstlerischen Bedeutung erkannt und öffentlich zugänglich gemacht wird.