Erzbischof Ernst von Wettin und das „Frühe Hallesche Heiltum“
... etlich tausent stuck hochwirdigs hayligtumbs ...
Jürgen von Ahn
Vom einst größten Reliquienschatz auf deutschem Boden – dem „Halleschen Heiltum“ – ist fast nichts mehr erhalten. Dennoch erlaubt die ausgezeichnete Bild- und Schriftquellenlage nicht nur eine weitgehende Rekonstruktion des Schatzes, sondern auch einen tiefen Einblick in dessen Genese.
In der Forschung gilt dieser Reliquien- und Kunstschatz seit jeher als Leistung des prunkverliebten Kardinals Albrecht von Brandenburg, was nicht zuletzt auch Luthers bekannten , Auseinandersetzungen mit dem „Abgott zu Halle“ zu verdanken ist. Dieses Bild muss jedoch revidiert werden. Ernst von Wettin, von 1476-1513 Erzbischof zu Magdeburg, war es, der die Idee eines neuen Reliquienschatzes hatte, systematisch sammelte und ihn mit allen nötigen Rahmenbedingungen ausstattete. Hierbei spielt die Tatsache, dass er vor der großen Zäsur in Bezug auf den Heiligen- und Reliquienkult – der Reformation – verstarb, eine wichtige Rolle. Noch frei von Kritik der neuen Lehren konnte er einen Schatz von größtem spirituellen und materiellen Wert zusammentragen. Tradition, Imagination und Innovation bilden bei Ernst von Wettin eine Sammlung, die sich als das „Frühe Hallesche Heiltum“ definieren lässt.
Die vorliegende Arbeit stellt den wenigen, oft nur in Teilen erhaltenen und in den folgenden Jahrhunderten stark überformten deutschen Kirchenschätzen das „Frühe Hallesche Heiltum“ als bedeutendes Ensemble zur Seite. Seine begrenzte chronologische und topografische Verortung gewährt darüber hinaus exemplarisch neue Einblicke in die Kunst-, Kirchen- und Kulturgeschichte des ausgehenden Mittelalters und der beginnenden Frühen Neuzeit.