Evaluation mRNA-beschichteter Stents mit antithrombogenen und antiproliferativen Eigenschaften im atherosklerotischen Kaninchenmodell
Melissa Schätz
Aufgrund der hohen Prävalenz und der häufigen Todesfolge sind kardiovaskuläre Erkrankungen beim Menschen weltweit von großer Bedeutung. Dabei stellt die perkutane transluminale Koronarangioplastie, bei welcher Stents als Gefäßstützen in die geschädigten Gefäße implantiert werden, eine wichtige Behandlungsmöglichkeit dar. Trotz zahlreicher Fortschritte in Stentdesign und Wirkstoffbeschichtung kommt es immer wieder zu schweren thrombotischen Komplikationen und zum erneuten Verschluss des betroffenen Gefäßes.
Einen vielversprechenden Ansatz zur Reduktion der genannten Komplikationen bietet das Protein CD39, welches durch die Hydrolyse von ADP und ATP sowohl die Aktivierung der Thrombozyten als auch die Proliferation glatter Muskelzellen inhibiert. Durch die Beschichtung von Stents mit in vitro generierter CD39 mRNA soll eine lokale Protein-Überexpression am betroffenen Gefäßabschnitt induziert werden, um die positiven Effekte des Proteins zu nutzen. In der vorliegenden Arbeit wurde deshalb sowohl die Transfektionseffizienz sowie die Funktionalität des translatierten CD39 Proteins als auch die Hämokompatibilität der mit CD39 mRNA beschichteten Stents in vitro untersucht und anschließend die antithrombogene und antiproliferative Eigenschaft im atherosklerotischen In-vivo-Kaninchenmodell evaluiert.
Zunächst wurden HEK-Zellen mit unterschiedlichen Varianten der CD39 mRNA transfiziert und nach einem Zeitraum von 24, 48 und 72 Stunden die Expression des Proteins und die Aktivierung der Thrombozyten mittels Durchflusszytometrie analysiert. Mit Hilfe des Malachite Green Phosphate Assay Kits wurde zudem die Funktion des Proteins durch die Messung des freien Phosphats überprüft. Es zeigte sich, dass verschiedene Varianten der synthetisch hergestellten CD39 mRNA teilweise deutliche Unterschiede in der Expression und der Funktionsfähigkeit des Proteins aufweisen. Die stärkste Expression und Funktionalität wurde dabei beim Wildtyp und den Varianten optimiert und 49 nachgewiesen.
Darüber hinaus konnte durch die Inkubation unterschiedlich beschichteter Stents (CD39 mRNA, BMS, Sirolimus) mit humanem Blut in einem Agitations-Modell die Hämokompatibilität der CD39 mRNA-Beschichtung gezeigt werden. Dabei wiesen die mit CD39 mRNA beschichteten Stents eine den BMS und Sirolimus-Stents vergleichbare, geringgradige thromboadhäsive Wirkung auf.
Für die In-vivo-Evaluation wurden die CD39 mRNA beschichteten Stents sowie verschiedene Kontrollgruppen in die Carotiden von New-Zealand-White Kaninchen implantiert. Nach 3, 14 und 30 Tagen wurden die Kaninchen euthanasiert und die Blutgefäße mit den enthaltenen Stents entnommen. Dabei konnte die Expression des Proteins CD39 drei Tage nach der Implantation erfolgreich nachgewiesen werden. Nach 14 bzw. 30 Tagen wurde ausschließlich bei einem Präparat eine verstärkte Expression festgestellt. Die Freisetzung der mRNA sowie die anschließende Expression des Proteins in vivo ist also grundsätzlich auch nach einem längeren Zeitraum möglich, jedoch war dieses Ergebnis in der vorliegenden Arbeit nicht reproduzierbar. Darüber hinaus zeigte sich in allen Gruppen, dass die Stärke der Neointimabildung und damit der Grad der Stenose sowohl innerhalb eines einzelnen Präparates als auch innerhalb einer Gruppe stark variierte. Es konnte kein signifikanter Unterschied zwischen der Stenoserate der einzelnen Gruppen festgestellt werden. Ein gewisser antithrombotischer Effekt ist dagegen erkennbar, denn im Gegensatz zu den übrigen Gruppen konnte bei einer Gruppe mit CD39 mRNA beschichteten Stents (CD39 Coating 2) keine Thrombenbildung nachgewiesen werden.
Aufgrund der geringen Probenzahl und der starken Varianz innerhalb der meisten Gruppen ist eine fundierte Aussage nicht möglich. Für statistisch signifikante Werte wird eine höhere Probenzahl benötigt, weshalb weiterführende Untersuchungen zur CD39 mRNA- Beschichtung der Stents erforderlich sind. Dabei sollte insbesondere die Freisetzungskinetik der Matrix sowie die Konzentration der mRNA überprüft und gegebenenfalls angepasst werden, um die Freisetzung der mRNA über einen längeren Zeitraum sicherzustellen. Darüber hinaus erscheint die Analyse einer Kombination von CD39 mRNA mit weiteren Substanzen vielversprechend, um die thromboadhäsive Wirkung der Beschichtung weiter zu senken und den antiproliferativen Effekt der mRNA zu unterstützen. Zusätzlich sollte für weitere Untersuchungen eine weniger invasive, alternative Operationsmethode in Betracht gezogen werden, um die lokale Manipulation am Ort der Implantation zu verringern und damit die Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu verbessern.
Zusammenfassend gab es Hinweise auf die Expression der CD39 mRNA im betroffenen Gefäßabschnitt. Es zeigte sich, dass die CD39 mRNA-Beschichtung insgesamt mit den bereits etablierten BMS und Sirolimus-Stents vergleichbar ist. Dabei besteht durchaus ein gewisses Potenzial, die Thrombenbildung innerhalb eines Stents zu verringern und darüber hinaus die Neointimabildung am betroffenen Gefäßabschnitt, und damit die Gefahr der Restenose, zu reduzieren. Um diese Tendenz weiter zu untermauern und die Effekte zu validieren, sind weitere Untersuchungen notwendig. Insbesondere sollte dabei ein verbesserter Tierversuchsaufbau mit höheren Fallzahlen verwendet werden, um die therapeutischen Effekte besser herausarbeiten zu können. Möglicherweise kann z.B. durch die Kombination von CD39 mRNA mit synergistischen Substanzen das Risiko der Restenose und Thrombose nach einer Stentimplantation reduziert werden, um Patienten längerfristig vor schwerwiegenden Komplikationen zu schützen.