FanniPold
Karin Peschka
Das Poldi-Erbrochene ist im Moment das
kleinste Problem. Fanni krallt sich an den
Stamm, man weiß nicht, wie stark der
Schirm sich verkeilt hat. Oder ob der
Stoff reißt. Ist der reißfest, der Stoff?
Jeden Mittwoch Frauenstammtisch, Blatt –
salat mit Zanderstreifen in Cornflakes –
panier, Grappa auf’s Haus. Die Pizzeria
zwischen Fleischhacker und Bestatter.
Links ein tönernes Schwein im Schau –
fenster, Rauchwurst und Salami, ein
Plastikschinken auf einem Teller mit
karierten Servietten. Rechts der beleuchtete
Kasten mit den Partezetteln, Seiden –
blumen, eine goldene Urne auf einem
weißen Sockel. Im Ort wächst der Leer –
stand, verstauben die Auslagen. Wieder –
holen sich ewig gleiche Routinen bis an
den Rand des Ertragbaren.
„Ich habe Krebs“, lügt Fanni. „Hat schon
gestreut.“
Harzduft. Grüner Nadelduft. Ein abgebrochener
Ast, ein Stummel, so lang wie eine
Hand breit, knapp vor Fannis Brust. Tupft
sie an.
Die Lüge führt zu weiteren Lügen, zu
Wahrheiten und zum tatsächlichen
Absturz: Ein Tandemflug endet in einem
Tannenwipfel, Poldi und Fanni müssen auf
Hilfe warten. Absurd, findet Fanni. Aber
auch nicht absurder als ihr bisheriges
Leben.
„Brangelina, verstehst?“ „Was?“ Poldi
entlastet vorsichtig den linken Fuß, nur
eine Spur, um die Zehen zu bewegen.
„Angelina Jolie und Brad Pitt. Wären
wir berühmt, weißt, wie wir heißen
würden?“ „Wie?“ Poldi spürt Fannis
Herz pochen unter seiner Hand.
„FanniPold“, sagt sie.