FRAUENTAGSBUCH DREI
Lesungstexte 2017
Helga Christina Pregesbauer
Es ist immer das Viele, das Frauen zu sagen haben. Als Frauen. Als Künstlerinnen. „Warum sollte es zwecklos sein, wenn einzelne von uns ihre ureigenen Erfahrungen möglichst genau in einer Sprache ausdrücken, über den Augenblick und die Zeitnot hinaus.“, fragt Lore Heuermann in Ein Ende ist abzusehen.
Wieder ist mit der 3. Sammlung der Lesungstexte zum Frauentag 2017 ein Mosaik von Erfahrungen und Positionen entstanden. Im Überblick beschäftigen sich viele der Texte mit dem Körper. Mutterschaft und Geburt wird bei Lore Heuermann zum Thema. Leicht und spielerisch, wie Anrufungen, sind die Gedichte von Michaela Hinterleitner (Ode an die Mumu, Vulvengedicht). Melamars Text Die gesichtslose Göttin reflektiert die Spiritualität in matriarchalen Gesellschaften und setzt sie in Kontrast zu den Erfahrungen eines Kindes mit dem Patriarchat der katholischen Kirche in Kärnten. Präzise, aus wechselnden Perspektiven beschreibt Yvonne Czermak in Die Zwiebelschalenfrau das Blick- und Machtregime gegenüber einer Frau, die von einem Spanner verfolgt wird. Auch in den Texten von Hanna Sideris wird Gewalterfahrung aus einer Innensicht der Sprache wie des Körpers beschrieben. Um das Bild eines Malers in der Tradition des Hieronymus Bosch entwickelt sich eine Reflexion über die Zerstückelung von Begehren und Liebe (Eleonore Weber: Die Hölle auf Erden). Rasant, der innere Monolog der Protagonistin Lucy, die ihre Träume gegenüber dem Urteil der Außenwelt behauptet und dabei dem Casting-Show-Wahn in die Falle geht (Petra Piuk: Lucy fliegt). Geschlechterverhältnisse werden in Elis Rotters Dialektgedichten satirisch abgehandelt. Eine Reise mit der Großmutter aus Belgrad und in die Geschichte Ex-Jugoslawiens ist der Text Nana Desa von Marina Richter. Wünsche und Ansprüche an einen Feminismus und Feminist*innen aus aktuellen Erfahrungen in aktivistischen Zusammenhängen formuliert Helga Pregesbauer in ihrem Text von herzen. Drei Gedichte der chinesischen Lyrikerin Zheng Xiaoqiong zeigen die Lebensrealität von Wanderarbeiterinnen im heutigen China (Zheng Xiaoqiong: 3 Gedichte Arbeiterinnen-Report. Aus dem Chinesischen übersetzt von Martin Winter). Wenn zwei Zeiten nebeneinandergelegt werden, machen sie eine kritische Dimension sichtbar. Das ist der Ausgangspunkt des Textes Ich muss aufpassen von Eleonore Weber, der auch eine Auseinandersetzung mit dem Postfaktischen – und was darunter verschwindet – ist. Die Farbe Lila als Farbcode der 2. Frauenbewegung durchzieht den Text von Gerda Sengstbratl: Mein Geburtstag aus großen Pompons ist ein Fliedertag, 2017. Lila Farbflecke werden zu feministischen Signalen in den lose gereihten Passagen über den Zustand des Landes, den Zustand der Sprache heute.