Freigabe von Seitenstreifen an Bundesautobahnen von Lemke,  Kerstin, Moritz,  Karl

Freigabe von Seitenstreifen an Bundesautobahnen

Der Seitenstreifen ist nach allgemeinem Verständnis ein fester Bestandteil von Autobahnen. Durch ihn wird neben der Fahrbahn eine zusätzliche freie Fläche für Notsituationen (Unfälle, Pannen, Einsatz von Rettungsdiensten) oder für Betriebs- und Erhaltungsarbeiten zur Verfügung gestellt. Die hohe Bedeutung des Seitenstreifens für den sicheren Betrieb von Bundesautobahnen steht daher auch auf Basis des heutigen Kenntnisstands außer Frage.

Dennoch kann es im Einzelfall eine sinnvolle Lösung sein, als provisorische Maßnahme bis zum Regelausbau einer Strecke (von 4 auf 6 oder von 6 auf 8 Fahrstreifen) den Seitenstreifen für Zwecke des fließenden Verkehrs freizugeben. Diese für den Ausbau vorgesehenen Strecken sind zum Teil durch hohe Verkehrsbelastungen, verbunden mit regelmäßigen Staus und zahlreichen staubedingten Unfällen, gekennzeichnet. In diesen Fällen führt die kurzfristige Beseitigung von Engpässen zu einer eindeutigen Kapazitätssteigerung der betroffenen Strecken und somit zur Verbesserung des Verkehrsablaufs und zur Vermeidung von Staus. Im Hinblick auf die Verkehrssicherheit ist auf der Basis früherer Untersuchungen von einer grundsätzlichen Erhöhung der Unfallraten von etwa 20 bis 30 % an Strecken ohne Seitenstreifen im Vergleich zu Strecken mit Seitenstreifen auszugehen.

Im Rahmen des Erfahrungsaustauschs zur Umnutzung von Seitenstreifen an Bundesautobahnen am 20. Juni 2001 in der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) wurde über die Erfahrungen und Erkenntnisse aus ersten Pilotprojekten berichtet. Die planungsrechtlichen, baulichen und straßenrechtlichen Voraussetzungen für eine Umnutzung des Seitenstreifens wurden vorgestellt. Weiterhin wurde ein Verfahren vorgestellt, mit dessen Hilfe die Entscheidung darüber, ob und in welcher Form eine Seitenstreifenumnutzung an einer bestimmten Strecke erfolgen sollte, auf der Basis eines Abwägungsprozesses im Einzelfall getroffen werden kann. Darin sind die Verbesserung des Verkehrsablaufs durch die Kapazitätssteigerung auf der einen Seite und die (als negativ unterstellten) Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit, die Nachteile für den Betrieb und die Unterhaltung sowie die Kosten der Maßnahme auf der anderen Seite einander gegenüberzustellen. Für die praktische Anwendung soll das Verfahren in ein DV-Programm umgesetzt werden. Dann wird die Anwendung dieses Verfahrens für die dem BMVBW vorzulegenden Entwürfe vorausgesetzt. Schließlich wurde vorgestellt, in welcher Weise eine temporäre Freigabe des Seitenstreifens praktisch realisiert werden kann. Die dazu seit dem 1. Januar 2002 gültige Regelung der Straßenverkehrsordnung ist im Anhang dargestellt.

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