Gelebte Anarchie
Der Anarchismus als Organisationstheorie
Jochen Schmück, Colin Ward
Colin Ward (1924-2010) war ein britischer Anarchist, Architekt und Schriftsteller. Seine Schriften beschäftigen sich mit den Themenbereichen der Soziologie, Anthropologie, Kybernetik, Pädagogik, Architektur und Stadtplanung. Er gilt als einer der einflussreichsten Wegbereiter eines neuen, pragmatisch verstandenen Anarchismus, den er in der Einleitung seines 1982 in zweiter erweiterter Auflage erschienen Werkes Anarchism in Action wie folgt begründete:
„In den vielen Jahren, in denen ich versucht habe, als ein anarchistischer Propagandist zu wirken, bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass wir unsere Mitbürger:innen für anarchistische Ideen vor allem dadurch gewinnen können, indem wir uns auf die gemeinsame Erfahrung der informellen, flüchtigen, sich selbst organisierenden Beziehungsnetze stützen, die die menschliche Gemeinschaft tatsächlich erst möglich machen, und nicht durch die Ablehnung der bestehenden Gesellschaft als Ganzes zugunsten einer zukünftigen Gesellschaft, in der eine andere Art von Menschheit in perfekter Harmonie leben wird.
Ursprünglich hatte ich den etwas sperrigen, aber genaueren Titel Anarchismus als Organisationstheorie bevorzugt, denn wie ich in meinem Vorwort betone, ist es genau dies, worum es in diesem Buch geht. Es geht nicht um Strategien für die Revolution und nicht um Spekulationen darüber, wie eine anarchistische Gesellschaft funktionieren würde. Es geht um die Art und Weise, wie sich Menschen in jeder Art von menschlicher Gesellschaft organisieren, unabhängig davon, ob wir diese Gesellschaften als primitiv, traditionell, kapitalistisch oder kommunistisch einstufen.“