Geschichte als bricolage – W.G. Sebald und die Poetik des Bastelns
Stephan Seitz
Die vorliegende Studie befragt das Werk W.G. Sebalds im Hinblick auf seine poetische Modellierung von Geschichte und Historiographie. Vor dem Hintergrund der intensiven wissenschaftlichen Sebald-Rezeption des letzten Jahrzehnts geht es um eine Rückbindung von Sebalds Geschichtsbegriff an die in seinem Werk angelegten Referenzen zum Begriff der ›bricolage‹, der von Claude Lévi-Strauss geprägt wurde, einerseits und der Geschichtsphilosophie Walter Benjamins und Theodor W. Adornos andererseits. Die Zusammenschau dieser auf den ersten Blick distinkten und von der bisherigen Sebald-Forschung weitgehend isoliert betrachteten Einflüsse ermöglicht eine präzise Bestimmung der Geschichtspoetik W.G. Sebalds, die zwischen historiographischer Repräsentation und literarischer Imagination changiert. Aus der geteilten Sicht einer Geschichte als Katastrophengeschichte heraus macht das Konzept der ›bricolage‹ die im Werk Walter Benjamins und Theodor W. Adornos entwickelte Geschichtsphilosophie umsetzbar, indem es als historiographisches Narrativ Geschichte unter einem bestimmten Blickwinkel erzählbar werden lässt und zugleich Auskunft gibt über Konstruktionsmechanismen, die seiner Darstellung zugrunde liegen.