Geschichte der Pflege
Pflege in der nationalsozialistischen Diktatur
Heidrun Dreyling-Riesop
Ein Schwerpunkt der Pflegegeschichte sollte die Zeit des Nationalsozialismus sein, denn diese Zeit prägte die Pflege in Deutschland nachhaltig. Über Juristen, Ärzte, Lehrer oder Offiziere in der NS-Zeit wurde bisher ausführlich gearbeitet. Wie sich Pflegekräfte unter Hitler verhielten, darüber ist bisher wenig bekannt. Es mag daran liegen, dass das „Fußvolk“ historisch als „unwichtig“ bewertet wird.
Waren sie Täter? Opfer? Mitläufer? Im Widerstand? Verfolgte?
Seit Jahren sammle ich Informationen zu Pflegekräften in der Nazizeit. Warum? Weil ich eine Pflegekraft bin und es nicht in Ordnung finde, dass wir unsere Geschichte bisher nicht wirklich aufgearbeitet haben. Darunter leidet auch massiv unser Berufsverständnis. Außerdem musste ich mit Erschrecken feststellen, dass zu meiner Ausbildungszeit viele Täter unbehelligt weiter gearbeitet hatten, ohne, dass ich es damals ahnte.
Ich nähere mich der Zeit der Braunen Diktatur aus meiner ganz persönlichen Sicht als Pflegekraft. Es geht mir nicht um die Wiederholung von hinlänglich bekannten Fakten. Die kann man woanders besser nachlesen. Darum berücksichtige ich historische Daten oder Hintergründe nur dann, wenn es um das Verständnis des Geschehens geht, wo die Pflege meiner Ansicht nach stark involviert war. Einer meiner Schwerpunkte ist die Spurensuche nach Pflegekräften aus dieser Zeit, sei es in bestehender Literatur oder auch aus meiner eigenen Sammlung.
Dabei hilft mir, dass ich rechtzeitig anfing, Fragen zu stellen. Das Wissen, von Pflegekräften geprägt worden zu sein, die im Nationalsozialismus lernten, arbeiteten, lebten, zwingt mich zu einer Auseinandersetzung mit dieser Zeit, wenn ich nicht unbewusst Gedankengut und Ideologien an die nächste Generation weitergeben will. Außerdem erzieht eine genaue Sicht auf die Vergangenheit zu einem gesunden Kritikbewusstsein in der Gegenwart.