Hausaufgaben yapmak
Ein ethnographischer Blick auf den Familienalltag
Martina Nieswandt
Laut kultusministerieller Vorgaben sollen Hausaufgaben zum selbstständigen
Üben und Wiederholen von Unterrichtsinhalten beitragen.
Die vorliegende Forschungsstudie fokussiert, wie genau die Hausaufgabenaktivitäten
am Nachmittag – unter elterlicher Beteiligung
– verlaufen. An der Schnittstelle zwischen ethnographischer Schulforschung
und Unterrichtsforschung wird die aus der Schule nach Hause
getragene Kultur der Aufgabenbearbeitung beobachtet, beschrieben und
analytisch verfremdet. Im Ergebnis werden neue Perspektiven auf die
Praxis des Hausaufgabenmachens möglich. Es wird sichtbar, dass dabei
andere Prozesse ablaufen als das selbstständige Üben und Wiederholen
von Unterrichtsinhalten durch Kinder am Nachmittag.
Weil Kinder und Jugendliche mit türkischem Migrationshintergrund nach
wie vor einen geringeren Bildungserfolg aufweisen als Vergleichsgruppen,
wurde die teilnehmende Beobachtung ausschließlich in Familien mit
türkischem Migrationshintergrund durchgeführt, um so etwas über deren
möglicherweise besondere Schwierigkeiten beim Hausaufgabenmachen
zu erfahren. Der Titel der Studie, Hausaufgaben yapmak (türkisch: machen),
verweist auf die beobachtete bilinguale Sprachpraxis.
Die vorliegende Untersuchung leistet vornehmlich einen Beitrag zur Debatte
um den Stellenwert der Hausaufgaben im deutschen Schulsystem,
insbesondere in der Grundschulpädagogik, und richtet dabei speziell den
Blick auf die Situation von Kindern mit Migrationshintergrund.