Heimdall
Max Baitinger
In der nordischen Mythologie ist Heimdall der Wächter
unter den Göttern. Er ist nicht besonders tapfer, jedenfalls
nicht so tapfer wie sein kraftstrotzender Bruder
Thor oder sein Vater, der allwissende Schöpfergott
Odin. Aber Heimdall hat eine Gabe: Er sieht alles, selbst
seine eigenen Augenbrauen. Darum ist es seine Aufgabe,
wachsam zu sein. Tag und Nacht sitzt er beobachtend
auf dem Dach von Wallhall während alles
seinen geregelten Gang geht: Täglich üben sich die
Krieger im Kampf, jeden Abend sind ihre Wunden verheilt
und sie können gemeinsam zechen – Wallhall ist
ein wahres Kriegerparadies. Doch schon bald werden
sie gemeinsam mit den Göttern in die finale Schlacht
ziehen. Dann nämlich, wenn der große Wolf die Sonne
frisst und damit Ragnarök, das Ende der Welt, einleitet.
Dann wird Heimdall sie alle rechtzeitig mit seinem
großen Horn warnen müssen. Den Blick auf die Sonne
geheftet, wartet er also und schweift dabei mit seinen
Gedanken ab. Was, wenn er versagt?
In markanten Schwarz-Weiß-Zeichnungen greift Max
Baitinger Motive und Formen der altisländischen Götterlieder
auf. Mit den Augen des grüblerischen Gottes
Heimdall betrachtet, wird aus der Sage vom Untergang
der Welt eine menschliche wie komische Erzählung
über Ängste und Zweifel.