Heimgeschickt
Ein Bericht über Kinder von Missionaren der Rheinischen Mission
Wuppertal Archiv- und Museumsstiftung der Vereinten Evangelischen Mission, Annemarie Töpperwien
Schon längere Zeit interessierten die Autorin bestimmte Themen aus dem Leben der Missionsleute, die die Rheinische Missionsgesellschaft seit 1828 von ihrer Zentrale Barmen aus ‚in alle Welt‘ sandte. In der Archiv- und Museumsstiftung Wuppertal fand sie unter den zahllosen authentischen Dokumenten auch immer schon die Eintragungen über die Kinder der Missionare. Häufig wurde im fünften oder sechsten Lebensjahr der Kleinen ihr Umzug nach Deutschland beantragt. Was geschah seit Mitte des vorvergangenen Jahrhunderts bis in die Zeit des Zweiten Weltkriegs hinein mit diesen Kindern? Wie sah ihr Leben in der für sie eigentlich fremden ‚Heimat‘, ohne Eltern und Familie aus?
Seit etwa 1850 stimmten Missionsleitung und Missionseltern darin überein, dass eine qualifizierte Schul- und Berufsausbildung für die Missionarskinder dringend erforderlich, und nach Meinung der Eltern am besten in der deutschen Heimat gewährleistet war. In den folgenden Jahrzehnten schickten fast alle Missionarsfamilien ihre Kinder im frühen Schulalter nach Deutschland. Für die Kinder, die nicht bei Verwandten aufgenommen werden konnten, stellte die Rheinische Mission Erziehungsheime zur Verfügung, verschiedene Knaben- und Töchterheime im Raum des heutigen Landes Nordrhein-Westfalen.
Über die Beweggründe der Errichtung dieser Erziehungsheime und deren Zielsetzungen berichtet die Autorin im ersten Kapitel des vorliegenden Werkes, gefolgt von der Geschichte der einzelnen Heime. In ihren ersten Lebensjahren wuchsen die Missionarskinder bei ihren Eltern auf den Stationen der verschiedenen Missionsfelder auf. Heimgeschickt zu werden, war ein harter Einschnitt im Leben dieser Kinder. Was ihnen in der bisher ganz fremden ‚Heimat‘ bevorstand, erzählt Kapitel III. Anhand zuverlässiger Quellen, die von den Beteiligten selbst stammen, wird in Kapitel IV ein genauer Blick auf den Einsatz der Heimeltern geworfen, wohingegen das fünfte Kapitel sich mit ‚Macht und Ohnmacht‘ der leiblichen Eltern beschäftigt. Die Dokumente aus der Welt der Erziehungsheime berichten ebenfalls einiges über die unterschiedlichen weiteren Lebenswege der herangewachsenen Heiminsassen; um diese jungen Erwachsenen geht es in Kapitel VI. Das abschließende siebte Kapitel wägt schließlich die Vor- und Nachteile, den ‚Preis und Gewinn‘ dieser Einrichtungen für die betroffenen Missionarskinder selbst ab.
Wie schon in ihrem Werk „Seine ‚Gehülfin‘ – Wirken und Bewährung deutscher Missionarsfrauen in Indonesien 1865–1930 (Band 1 unserer Reihe „InterCultura“, Köln 2004, 2. Aufl.) anhand der Rolle von Missionarsfrauen, erhellt die Autorin hier eine in der Missionsgeschichtsschreibung bislang kaum beachtete gesellschaftliche Problematik.