Historische Epistemologie zur Einführung
Hans Jörg Rheinberger
Wenn das 19. Jahrhundert in der Philosophie der Wissenschaften den Aufstieg des Positivismus erlebte, so begann das 20. Jahrhundert mit einer Krise des positivistischen Denkens, ohne dass zunächst eine Lösung oder gar Alternative in Sicht gewesen wäre. Erst allmählich entwickelte sich im Laufe des 20. Jahrhunderts ein komplexes, sozial- und denkhistorisch motiviertes Nachdenken über Wissenschaft, das in seinem Kern darin bestand, die Wissenschaftsphilosophie zu historisieren. Es entwickelten sich Formen einer historischen Epistemologie. Diese Bewegung muss in den breiteren Kontext der Dynamik der Wissenschaften und der sozialen und kulturellen Entwicklungen des 20. Jahrhunderts gestellt werden. In dieser Einführung werden Positionen vorgestellt, die in diesen Historisierungsprozess eingegriffen und ihn gestaltet haben.