Hitlers Bild der Weltwirtschaft
Seine Denkfehler und Wissenslücken
Gerhard Schmitt-Rink
Dieser Text handelt von der zentralen Vision Hitlers: Dem Germanischen Reich, einem kontinentalen Imperium, das, nach gewonnenen Kriegen, den beiden angelsächsischen Weltmächten gleichstark und gleichberechtigt gegenüberstehen würde. Ein Triumvirat germanischer Nationen, das am Ende die Welt beherrschen würde. Dieses utopische Projekt wurde von Hitler auf die Behauptung gestützt, dem deutschen Volk fehle für sein weiteres Wachstum der Lebensraum, es sei im Vergleich zu anderen Völkern bei der Verteilung der globalen Siedlungsflächen zu kurz gekommen, und dieses historische Unrecht erzwinge eine Korrektur. Das aber bedeute Krieg. Andere Möglichkeiten, Bevölkerungszahl und Lebensraum in Einklang zu bringen, werden von Hitler in „Mein Kampf“ und in seinem „Zweiten Buch“ zwar ausführlich diskutiert, am Ende langer Erwägungen indessen zur Seite geschoben. Weil er von Anbeginn auf ein bestimmtes Ergebnis hinauswollte: Den Krieg, der nicht nur die Gebietsverluste rückgängig machen sollte, die dem Deutschen Reich nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg im Vertrag von Versailles (1919) auferlegt wurden, der vielmehr gewaltige Gebietsgewinne im Osten Europas einbringen sollte, wie sie dem Deutschen Reich bereits im Vertrag von Brest-Litowsk (1918) mit der in einem Bürgerkrieg zerrissenen und geschwächten Sowjetunion für kurze Zeit zugefallen waren. Solche Eroberungskriege – und nicht die ebenfalls diskutierten, aber abgelehnten friedlichen Wege zur Angleichung von Bevölkerungsgröße und Lebensraum – waren nach Hitler im Einklang mit dem Gang und dem Geist der menschlichen Geschichte, mit dem „aristokratischen Prinzip der Natur“, durch den Sieg des Stärkeren über den Schwächeren die Menschheit zum Ziel der Geschichte zu führen.