Hundert Jahre Brecht – Brechts Jahrhundert?
Hans J Knobloch, Helmut Koopmann
Max Brod hat einmal gesagt, das 20. Jahrhundert sei das Jahrhundert Kafkas. Vielleicht ist es das, aber gewiß nicht in einem exklusiven Sinn. Und so darf wohl gefragt werden, ob dieses Jahrhundert auch das Jahrhundert Brechts ist.
Der Band versucht nicht, diese Frage mit einem eindeutigen Ja oder Nein zu beantworten, aber er läßt doch deutlich erkennen, daß Brecht mehr als nur ein bedeutender bayerischer Schriftsteller war. Und er spiegelt auch wider, daß sich das Interesse an Brecht verschoben hat; denn vier Beiträge sind dem Lyriker und immerhin zwei dem Erzähler Brecht gewidmet, aber nur ein einziger einem seiner Stücke fürs Theater. Dafür befaßt sich ein weiterer Beitrag mit der Rezeption Brechts aus theaterwissenschaftlicher Perspektive – genauer gesagt: mit der politischen Entschärfung Brechts auf den österreichischen Bühnen in den zwei Jahrzehnten nach Kriegsende.
Abgerundet wird der Band durch Aufsätze von Spezialisten zu speziellen Themen: Verleger Siegfried Unseld berichtet über „Brecht und seine Verleger“, der in den USA lebende und lehrende Präsident der International Brecht Society, Siegfried Mews, verfolgt die Spuren von „B.B. in Amerika“, und Thomas Anz, den der Grenzbereich von Literatur und Psychologie fasziniert, beschäftigt sich mit dem Thema „Brecht und die Psychoanalyse“.