Imperialismus 1
Karl Held
Der vorliegende Band der „Resultate“ enthält die Ableitung des modernen Imperialismus sowie einen Nachtrag mit kritischen Anmerkungen zu linken Varianten in der Auffassung des leichenträchtigsten Geschäfts der bürgerlichen Welt.
Er erläutert die Konkurrenz auf dem Weltmarkt, in der sich die Staaten als politische Subjekte ihrer Ökonomie gegeneinander bewähren, wobei die nationalen Interessen den bürgerlichen Internationalismus, unter reichlichem Gebrauch militärischer Gewalt, bis zur Aufkündigung des Friedens gebieten. Die Ableitung legt in 5 Paragraphen die Notwendigkeiten der so hervorgebrachten weltweiten „Völkerfamilie“ dar. „Imperialismus“ bezeichnet hier also nicht eine längst vergangene Epoche der Aufteilung der Welt zwischen konkurrierenden Kolonialmächten, und auch nicht – mit Lenin – das „höchste Stadium des Kapitalismus“, sondern den Zusammenhang der weltweiten Interessen des kapitalistischen Geschäftslebens und der Gewalt der bürgerlichen Staaten, die ihm – in Konkurrenz zueinander – alle Schranken aus dem Weg zu räumen suchen.
Der Aufbau der Ableitung entspricht der Darstellungsweise, die wir bereits in der Analyse des bürgerlichen Staats gewählt haben. Daß die Prinzipien, nach denen der Weltmarkt funktioniert, aus den aktuellen und historischen Verlaufsformen der Völkerfreundschaft erschlossen wurden, sei hier einmal mehr erwähnt: Die mehr oder minder blutigen Ereignisse, die sich jeden Tag der Zeitung entnehmen lassen, sind nämlich nicht die „Empirie“, die zur Theorie hinzutritt, um sie zu bestätigen. Eine Ableitung hat nur für denjenigen einen Mangel, der in ihr nicht die Gesetze – mit Gründen vorgetragen – einer Sache erkennt, sondern ein Instrument, unter das er die Welt subsumiert. Eher schon stehen die alltäglichen Vorkommnisse zu ihrer Erklärung als Notwendigkeiten im Verhältnis des Beispiels – allerdings nicht so, daß sie „bloß“ ein Beispiel wären. Denn als „Illustrationen“ taugen sie nur für Gesetze, die wirklich die ihren sind, also korrekt erschlossen wurden.