Katholisches Gesangbuch der Donauschwaben
Franz Metz
Das in einer Zeitspanne von 300 Jahren entstandene Kirchenliedrepertoire der deutschen Katholiken Südosteuropas kann eine besondere Vielfalt vorweisen. Die ersten deutschen Siedler brachten zu Beginn des 18. Jahrhunderts, aus vornehmlich süddeutschen Reichsgebieten kommend, außer den wenigen Habseligkeiten, auch einen tiefen und unerschütterlichen Glauben mit. Als Ausdruck ihres Glaubens spielte das geistliche Lied und Kirchenlied eine wesentliche Rolle. Heute, nachdem sich der Kreislauf dieser Geschichte geschlossen hat und die Mehrzahl der Nachfahren wieder in der Heimat ihrer ausgewanderten Väter lebt, kann man beobachten, dass die Liebe zum Kirchenlied ungebrochen weiterbesteht. Man könnte fast behaupten: Wir haben etwas von dem zurückgebracht, das man hier – aus welchen Gründen auch immer – teilweise vergessen oder aufgegeben hat. Sebastian Kräuter, unser ehemaliger Bischof von Temeswar, hat dies 1993 so formuliert: „Es ist deutsches Erbe aus bestem Schrot und Korn, ein Stück Tradition, aus der Urheimat mitgebracht, treu bewahrt und vermehrt, das nun mehr und mehr in sein ursprüngliches Bett zurückfließt“.
In den ersten Jahrzehnten nach der Ansiedlung wurden diese Lieder auswendig gesungen, später haben die ersten Kantorlehrer die Texte und Melodien aufgeschrieben. Besonders im 19. Jahrhundert haben viele donau- schwäbische Kirchengemeinden ihre eigenen Gesangbücher drucken lassen, die meisten um das Jahr 1860.
Selbst in schweren Zeiten, bedingt durch die beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts, durch Deportationen und die Verfolgung der Kirche in der Zeit der kommunistischen Diktatur, – oder vielleicht gerade deshalb – spielte das Kirchenlied eine wichtige Rolle für den Zusammenhalt dieser deutschen Gemeinschaften entlang der Unteren Donau. So kann man sagen, dass das Kirchenlied wie kein anderes Kulturgut zu den herausragendsten Identitätsmerkmalen dieser Minderheit im südosteuropäischen Kulturraum gehört.
Im Laufe dieser 300jährigen Geschichte erwies sich die Wahrnehmung der kirchenmusikalischen Entwicklungen in den deutschen Diözesen als recht lebendig. Dies belegen die zahlreichen Berichte in den Zeitschriften Musica Sacra (Regensburg) und Musica Divina (Wien). Ob in Temeswar, Werschetz, Neusatz, Fünfkirchen, Sathmar oder Budapest, man war stets am Laufenden mit den kirchenmusikalischen Entwicklungen der Zeit und machte alle Veränderungen mit.