Kein Abel
Marianne Suhr
Der Eine, der Ackermann mit den kleinen Gaben, und der
Andere, hoch zu Ross inmitten seiner Herden, auf dem Stein
das Opferlamm zum Gottgefallen. Und es ist nicht berichtet,
nach welchen Worten Kain seinen Bruder Abel erschlug.
Die Brüder Bruno und Georg sind in einem bürgerlich-ordentlichen
Haus aufgewachsen und stehen seit der Kinderzeit
in einer ungleichen Beziehung zueinander. Georg, der
Ältere, blond und selbstbewusst, und Bruno, zwei Jahre
jünger und kleiner als der Bruder, dunkelhaarig und grübelnd,
treffen seit dem Auszug aus dem Elternhaus nur
noch bei familiären Anlässen aufeinander.
Georg hat Karriere gemacht, mit einem Immobilienunternehmen
nach der Wende Geld verdient und ist durch den
sogenannten Bankenskandal in Berlin in Bedrängnis geraten.
Bruno verweigert seine Unterstützung.
Im heißen Sommer der Fußballweltmeisterschaft spitzt sich
der Konflikt der Brüder zu.