König der Samadhis
Die enthüllte Gleichheit der Natur aller Phänomene
Das Sutra vom König der Samadhis ist eines der am häufi gsten zitierten Mahayana-Sutras im tibetischen Buddhismus. Eine schriftliche Form dieses Sutras liegt seit dem 2. oder 3. Jahrhundert in Indien vor, eine alte Sanskrit-Handschrift aus dem 6. oder 7. Jahrhundert wurde in Gilgit im heutigen Pakistan entdeckt. Es wurde im 5. und 6. Jahrhundert mehrmals
ins Chinesische übersetzt, im 8. und 9. Jahrhundert ins Tibetische. Erstmals liegt es hier in deutscher Sprache vor.
Nach einer Überlieferung der Kagyüpas wurde der Bodhisattva-König Chandraprabhakumara, auf dessen Befragung des Buddhas das Sutra entstand, später als Gampopa wiedergeboren. Der Buddha selbst wurde als dessen Schüler Phagmodrupa geboren, um ihm bei der Verbreitung der Lehren des Sutras zu helfen. Deswegen ist dieses Sutra auch als
»Chandras Leuchte« – Chandrapradipa-Sutra – bekannt. In diesem Sutra hat der Buddha die Angewohnheit, viele Punkte durch Geschichten aus seinen früheren Leben zu illustrieren. Darauf geht Phagmodrupas und dessen Schüler Jigten Sumgöns höchste Wertschätzung solcher Geschichten zurück.
In diesem Sutra wird der Begriff Samadhi nicht allein in seiner Bedeutung von Versenkung, Sammlung oder Meditation dargestellt. Samadhi bezeichnet hier auch eine ganze Reihe von buddhistischen Praktiken für Verhalten, Sichtweise, Motivation und Verwirklichung. Der Buddha schöpft in einer sehr poetischen Sprache aus der Fülle seiner Erfahrungen
und berührt damit eine fast schon enzyklopädisch anmutende Breite von Themen. Hauptthema aber ist die Erkenntnis der Gleichheit aller Erscheinungen, durch die allein die Welt überwunden wird.