Koordinaten für den Abschuss / Isrāfīl
Komposition für einen Alptraum
Nicolà Tölcke
Schon seit einer halben Stunde saß Robert in seinem Wohnzimmer und starrte auf das Fenster zum nächtlichen Balkon. Auf diesem Balkon hatte er gesessen, als er den fatalen Schuss per Laser auf Melina abgegeben hatte.
An fast allen Abenden seit dem, kämpfte er darum, in den Schlaf zu finden.
An jenem Abend wollte er nicht mehr kämpfen. Er hatte sich die kleine, blau weiße Contergan Metallschatulle, die er gehütet hatte wie einen Schatz, aus dem Schuhkarton, der mit schwarzem Einwickelpapier eingepackt war, herausgeholt.
Seine Großmutter war damals gerade mal fünfzehn Jahre alt gewesen, als sie in einer Liebesnacht von ihrem siebzehnjährigen Freund schwanger geworden war.
Es war nicht einfach als lediges, schwangeres Mädchen in der damaligen Zeit unbehelligt bestehen zu können. Glücklicherweise hatte sie eine warmherzige Mutter gehabt. Auch der Hausarzt war mitfühlend gewesen. Er hatte ihr wegen der Schlafstörungen das Contergan verschrieben. So kam Roberts Mutter nur mit winzigen Ärmchen zur Welt.