Laesio enormis
Ein Korrektiv im Römischen Recht
Vera I Langer
Die „Verkürzung über die Hälfte“ – Laesio enormis – aus dem römischen Recht ist bis in die Gegenwart ständiger juristischer Streit- und Diskussionspunkt. Der Verkäufer eines Grundstücks konnte unter Berufung auf dieses Rechtsinstitut den Handel rückgängig machen, wenn er weniger als die Hälfte des wahren Grundstückswertes dafür erhalten hatte. Die Wurzeln dieses Prinzips reichen weit in die Spätantike zurück. Im geltenden Österreichischen Zivilgesetzbuch (ABGB) wurde die Laesio enormis verankert. Die Schöpfer des BGB lehnten sie dagegen ab. Vera Isabella Langer geht ebenso dem Kaiser Diokletian zugeschriebenen, wenngleich umstrittenen Ursprung des Rechtsinstituts nach wie seiner Anwendung und den damit verbundenen ökonomischen Auswirkungen. Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gedanken der Laesio enormis mit seinem Halbteilungsgrundsatz auch in Deutschland wieder zu Aktualität verholfen. Vera Isabella Langer, geboren 1978, promovierte 2006 in Rechtswissenschaften mit einer Arbeit über das Verhältnis von Recht und Rhetorik im klassischen Römischen Recht. Sie arbeitet seit 2002 an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main am Lehrstuhl für Antike Rechtsgeschichte, Europäische Privatrechtsgeschichte und Zivilrecht. Ihre Publikationen befassen sich mit dem Römischen Recht der Kaiserzeit.