Lageberichte aus Niederdonau
Edition der Lageberichte der NS-Landräte und Polizeidirektionen 1941 bis 1945
Stefan Eminger, Tanja Wünsche
Die NS-Landräte waren funktional betrachtet mit den heutigen Bezirkshauptleuten vergleichbar. Sie standen der Mittelbehörde der Landratsämter vor, welche die regionale Verwaltungsebene zwischen Gemeinde und Reichsstatthalter eines Gaues bildeten. Ebenso wie die Polizeidirektoren der Städte St. Pölten, Wiener Neustadt und Znaim hatten sie ab Kriegsbeginn allmonatlich einen „tatsachengetreuen“ Bericht über die politische und wirtschaftliche Situation in ihrem jeweiligen Kreis zu verfassen und an den Reichsstatthalter von Niederdonau zu senden.
Diese „Lageberichte“ sind von November 1941 bis Februar 1945 erhalten und im Niederösterreichischen Landesarchiv verwahrt. Sie geben umfassend Auskunft über die politische Stimmung, über oppositionelles Verhalten und besondere lokale Vorkommnisse in den Landkreisen und Städten. Sie berichten über die Lebens- und Arbeitsbedingungen der einheimischen Bevölkerung und der ausländischen Arbeitskräfte ebenso wie über die Mängel und Probleme in der Ernährungs- und Versorgungslage. Durch ihre Kontinuität über mehrere Jahre dokumentieren die fast 470 Berichte Veränderungen und Brüche und durch ihre thematische Vielfalt erlauben sie profunde Einblicke in den Alltag der Menschen in Niederösterreich zur Zeit des Nationalsozialismus.