Lateinische Ordinariumsvertonungen im lutherischen Gottesdienst in Mitteldeutschland zwischen 1640 und 1770
Maik Richter
Seit der Reformationszeit wurde vor allem im deutschsprachigen Raum um die Volkssprache als Hauptsprache des evangelischen Gottesdienstes gerungen. Innerhalb des sonn- und festtäglichen Hauptgottesdienstes blieben aber dessen feststehende Teile, die Texte des Messordinariums, erhalten und wurden auch weiterhin in griechischer bzw. lateinischer Sprache musiziert. Diesem lange unterschätzten Phänomen der lutherischen Latinität widmet sich die vorliegende Arbeit, wobei sie den Blick auf das mitteldeutsche Kernland der Reformation richtet. Dass gerade im lutherischen Gottesdienst das Lateinische bis weit in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts hinein erhalten blieb, ist auch Martin Luther selbst zu verdanken (Vorrede zur Deutschen Messe von 1526). Luthers Messordnung wurde über mehrere Jahrhunderte hinweg freier gehandhabt, als man später oft annahm. Das Buch nimmt diese Unterschiede im Hinblick auf die altsprachlichen Anteile an der sonn- und festtäglichen Figuralmusik in den Fokus. Der beigefügte Werkkatalog erfasst Messvertonungen (Missae totae, Missae breves und einzelne Messsätze), die in der Zeit vom Ende des Dreißigjährigen Krieges (1640er Jahre) bis in die ersten Jahre nach dem Siebenjährigen Krieg (1760er Jahre) nachweislich von lutherischen Komponisten oder aber von katholischen Komponisten für lutherische Gottesdienste in Mitteldeutschland geschaffen wurden.