Leiden Sie unter Überakademisierung? – Notwendige Akademisierung oder „Akademisierungswahn”? – Oder ein Drittes?
Ergebnisse des 10. Hochschulforums Sylt 2016
Wolff-Dietrich Webler
Studieren in der deutschen Gesellschaft zu viele? Diese alle Jahrzehnte wiederkehrende Debatte wurde jüngst von Julian Nida-Rümelin unter dem reißerischen Titel eines tatsächlichen oder angeblichen „Akademisierungswahns“ wieder populär gemacht. Er macht eine unvertretbare Abwertung der beruflichen Bildung und sogar Irreleitung dafür verantwortlich. Haben wir eine umfangreiche Fehlentwicklung vor uns? Weder angeblich sinkende Arbeitsmarktchancen noch behauptete intellektuelle Unzulänglichkeit halten der Überprüfung stand. Trotzdem gibt es umfangreichen Handlungsbedarf. Dessen Aspekte haben 33 Expert/innen aus Hochschulpolitik, Hochschulleitungen sowie Berufs- und Hochschulforschung eine Woche lang beraten. Das Ergebnis ist lesenswert.
In den Beratungen wurden Fragen von der Art aufgeworfen, wie:
• Ist die Prestigedifferenz zwischen allgemeiner und beruflicher Bildung berechtigt?
• Sind Gesellschaften planbar? Müssen alle, „die etwas werden wollen“, studieren?
• Debatte um Obergrenzen – dieses Mal (wieder): Wieviele Akademiker braucht die Gesellschaft?
• Und wie gehen wir mit dem deutschen Verfassungsgebot um: „(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen.“ (Art. 12 (1) Satz 1 GG)?
• Verkommt Studium zur Jagd nach Zertifikaten in statusverleihender Instrumentalisierung ohne Verständnis von Wissenschaft?
• Wieviel Studium muss die Öffentlichkeit finanzieren?
• Nach der Welle der „Gymnasialisierung“ nun als nächste Stufe die „Akademisierung“ und absehbar schon die „Doktorisierung“?
• Lassen sich arbeitsteilig differenzierte Hochschulsysteme aufrecht erhalten? Ist Wissenschaft vertikal teilbar?
Der Begriff der „Akademisierung“ ist vieldeutig und auf dem Hochschulforum Sylt weiter ausbuchstabiert worden. Dieses Themenspektrum findet sich in vielen Einzelbeiträgen dieses Bandes aufgegriffen. Der Band liefert reichlich Diskussionsstoff und Antworten.