Lernanlass Lebenswelt
Josef Gottschlich , Brigitte Muth-Detscher
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
„… und was hat das mit mir zu tun?“
Wer kennt sie nicht, diese desillusionierende und zuweilen gar ins Mark treffende Frage im Verlauf oder am Ende eines Unterrichtsgangs? Unmittelbar bringt sie ans Licht, dass etwas Entscheidendes nicht gelungen ist. Was als wichtiger Lerninhalt, als erstrebenswerte Kompetenz im Mittelpunkt des Lernprozesses stand, hat den Weg zu den Schülerinnen und Schülern offensichtlich nicht gefunden. So kann es im Religionsunterricht ebenso wie in jedem anderen Fachunterricht geschehen.
Wie aber kann es gelingen, eine Brücke zu schlagen zwischen Inhalten und Zielen des (katholischen Religions-)Unterrichts und dem, was mit den Schülerinnen und Schülern selbst zu tun hat, d.h. was für sie lebensbedeutsam ist. Hier setzt das Konzept vom Lernanlass Lebenswelt an, dem sich die vorliegende Ausgabe von I&M mit ihren Grundlagenartikeln und unterrichtspraktischen Beispielen widmet. Wenn Schülerinnen und Schüler beim Lernen direkt an ihre persönliche Lebenserfahrungen anknüpfen können, so die Überzeugung, dann fördert dies ihre Bereitschaft zu lernen. Somit könnte auch gelingen, worauf bereits Karl Rahner aufmerksam machte: dass die Bereiche des Profanen und Sakralen zwar voneinander zu unterscheiden sind, sich aber zwischen beiden nicht nur fließende Übergänge, sondern auch Schnittflächen entdecken lassen. Gerade das machen die Textbeiträge dieser Ausgabe deutlich.
Im Informationsteil stellt Christian Höger zunächst zentrale Ergebnisse der Shell Jugendstudie 2015 zum Thema Jugendliche Lebenswelt vor und benennt mögliche religionspädagogische Konsequenzen. Hans Mendl erörtert im Kontext der Lebensweltorientierung Möglichkeiten und Grenzen einer Korrelationsdidaktik und eines kompetenzorientierten Lernens. Wie auch der Religionsunterricht dazu betragen kann, dass Kinder und Jugendliche reflektiert und kompetent mit digitalen Medien umgehen, weist Jonas Müller in seinem Beitrag aus. Zur Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen gehört auch mehr und mehr der inklusive Unterricht, dessen Entwicklung Brigitte Muth-Detscher beschreibt.
Der Materialteil enthält in gewohnter Weise konkrete Unterrichtsbeispiele. So entfaltet Aline Kurt vor dem Hintergrund einiger wesentlichen Hinweise auf motivierende Unterrichtseinstiege und geeignete Methoden für handlungsorientiertes Unterrichten zwei Doppelstunden: eine erste zum Thema Freundschaft für die Klassen 1/2 und eine weitere für die Klassen 3/4 zur Frage der Kinderrechte. Impulse zum empathischen Lernen setzt Franziska Gramlich ausgehend von der biblischen Beispielgeschichte vom barmherzigen Samariter. Ihr Entwurf eröffnet Zugänge zu einem besseren Textverständnis. Schließlich entfaltet Heike Helmchen-Menke, warum es für die frühkindliche Bildung von Bedeutung ist, lebensweltliche Lernanlässe zu erkennen und ihr Potenzial zu nutzen. Themenspezifische Literaturhinweise, Linktipps und Filmempfehlungen runden den Materialteil ab, dem sich unter der Rubrik Aktuell für Sie wichtige Informationen aus unserem Institut sowie zu anstehenden Fortbildungen anschließen.