Lernen ist intensives Leben
Umrisse einer Bildung, die von den Menschen ausgeht und für ein Dasein befähigt, das Zukunft hat
Hans Raimund Aurer
„Lernen ist intensives Leben, wenn es den lernenden Menschen (1.) mit sich selbst, (2.) mit seinem Dasein und (3.) dem es umgreifenden Sein in Kontakt bringt und von seinen Erfahrungen ausgeht, die er auf diesen drei Ebenen seiner Existenz macht. Solches Lernen ist persönlichkeitsbildend wie Wissen schaffend, weil es für den Lernenden von persönlicher Bedeutung ist und deshalb von ihm eigenmotiviert erarbeitet wird; es ist ästhetisch bildend, weil es wahrnehmungsgeleitet ist; ethisch bildend, indem es den ganzen Menschen erfasst, durchdringt und fordert; gesellschaftlich-politisch wie ökologisch-ökonomisch bildend, insofern die Wahrnehmungs-, Denk- und Verhaltensweisen, zu denen es befähigt, auf Selbstbewusstwerdung, Eigenverantwortung und Mitverantwortung für den Erhalt der sozialen und natürlichen Lebensgrundlagen, der Demokratie und der Biosphäre, zielen.“
Damit reagiert der Autor auf den immer deutlicher sich abzeichnenden Widerspruch zwischen den anhaltenden dramatischen Krisen der Gegenwart und einer Schulbildung, deren entfremdender Charakter einem unzureichenden „eindimensionalen Denken“ Vorschub leistet. Sein gesellschafts-philosophischer Standpunkt besteht darin, dass die globale kapitalistische Daseinsform nur die Zukunft hat, die längst über die Menschen hereinzubrechen begonnen hat, die dabei ist, ihnen jede Gegenwart zu verwehren. Es sei denn, sie beginnen zu lernen, Subjekte der Hervorbringung einer anderen Gegenwart, eines selbst gewählten Daseins, zu werden. Eines Daseins, das in dem Maße Zukunft hat, wie es ihnen gelingt, die „Demokratie des Kapitals“ und die „Biosphäre des Kapitals“ in gemeinschaftliche Kapitalien einer radikal-demokratischen wie radikal-ökologischen Weltgesellschaft umzuwandeln.
Vorgeschlagen wird daher ein Ansatz bildenden Lernens, den der Autor als „Sympoiese“ bezeichnet. Gemeint ist damit der wahrnehmungsbewusste Austausch jedes Menschen mit seiner ganzen Daseinswirklichkeit auf den oben genannten drei ineinander greifenden Ebenen seiner Existenz.