Lernwirkungen in der Quanten-Atom-Physik
Fallstudien über Resonanzen zwischen Lernangeboten und SchülerInnen-Vorstellungen
Marion Budde
Für viele SchülerInnen ist das Erlernen eines quantenmechanischen Atommodells mit großen Schwierigkeiten verbunden. Beim Unterrichten einer „traditionellen“ Wahrscheinlichkeitsinterpretation zeigt sich zum einen, dass SchülerInnen dazu tendieren, ihre Anfangsvorstellungen (in der Regel Planetenbahn- oder Schalenvorstellungen) von Atomen beizubehalten bzw. nach dem Unterricht die neue Atomvorstellung wieder aufzugeben. Zum anderen konstruieren SchülerInnen alternative Vorstellungen, die in signifikanter Weise vom intendierten Modell abweichen. Aufgrund dieser Lernschwierigkeiten wird den SchülerInnen im Bremer Unterrichtskonzept zur Quanten-Atom-Physik für die Sekundarstufe II neben einer Wahrscheinlichkeitsinterpretation das alternative Elektronium-Atommodell angeboten.
In dieser Arbeit wird der Frage nachgegangen, inwieweit den SchülerInnen die Erlangung eines quantenmechanischen Verständnisses von Atomen – basierend auf den Lösungen der stationären Schrödinger-Gleichung – durch die Einführung des Elektronium-Atommodells erleichtert wird. Anhand der exemplarischen Analyse der Lernprozesse zweier Schüler der Jahrgangsstufe 12 wird untersucht, welche Lernangebote sich als lernfördernd bzw. lernhindernd bezüglich der intendierten Vorstellungen erweisen. Die Ergebnisse der Fallstudien werden zusätzlich in Beziehung zu den Befunden eines breiter angelegten Evaluationsprojekts gesetzt.
Das Ziel der Untersuchung besteht in der Generierung von Lernwirkungshypothesen, welche die potenziellen Wirkungen einzelner Lernangebote vorhersagen. Hierzu wurde ein Verfahren entwickelt, mit dem sowohl der Einfluss der Lernangebote als auch der Einfluss des kognitiven Systems der einzelnen SchülerIn (d. h. deren Vorstellungen und kognitive Werkzeuge) auf den Lernprozess analysiert werden kann. Die Wechselwirkung zwischen Instruktion und Konstruktion wird mithilfe des Begriffs „Resonanz“ charakterisiert. Damit wird betont, dass das von einer SchülerIn erzielte Lernergebnis entscheidend davon beeinflusst wird, inwieweit Lernangebote und anfängliche SchülerInnen-Vorstellungen zueinander passen.