Liebesgeschichte
Roman
Thomas Jonigk
Eines Abends nach den Ordinationsstunden taucht in der Praxis des praktischen Arztes
Alexander Wertheimer ein dubioser und verängstigter Mann auf. In seiner Begleitung eine schwer verletzte, vermutlich minderjährige Ukrainerin. „Liebesgeschichte“ ist das Protokoll, das Wertheimer von dieser Begegnung mit Maria Melnyk und von den fatalen Folgen, die daraus erwachsen, anlegt. Persönliche Erinnerung, Bekenntnisschrift, Verteidigungsrede und Schuldeingeständnis gleichzeitig, ist dieses Protokoll ein Kosmos aus Pathologie und Gewalt, der vom Erzähler aber als Liebe und leidenschaftliche Zuneigung wahrgenommen wird. Thomas Jonigk wirft in seiner unverwechselbaren eleganten Stilistik das übliche Täterprofil über den Haufen –
Alexander Wertheimer ist ein reflektierender, feministisch denkender, Andrea Dworkin und Ingeborg Bachmann zitierender Mann, dem das alles nicht passieren dürfte; aber er ist leider auch ein sich selbst ausgelieferter Mann, der einem bei der Lektüre, auch wenn er sich völlig schutzlos darbietet, von Seite zu Seite unheimlicher wird.
Jonigks Meisterschaft in der Darstellung von Gewalt und Abhängigkeiten in Familien-, Sex und Liebesbeziehungen, der Macht der Phantasien und der Sehnsucht nach Erlösung erweist sich auch in „Liebesgeschichte“, wo er seinen subversiven Witz ganz besonders verstörend einsetzt.