Macht ohne Souverän
Die Demontage des Bürgers im Gesinnungsstaat
Ulrich Schödlbauer
Soweit die Überlegungen dieses Buches von einer These getragen werden, wäre es diese: Der unter Druck geratene liberale Staat ist es wert, verteidigt zu werden – weniger gegen die ständig bemühte Drohkulisse aus ›rechten‹ und ›linken‹ Pappkameraden zugunsten einer aufs jeweils eigene Interessenspektrum zurechtgeschneiderten ›Mitte‹, sondern gegen die Zauberlehrlinge und Menschenmeister einer Weltgesellschaft, deren postulierte Erfordernisse sie besser zu kennen scheinen als die artikulierten Bedürfnisse von Menschen, in deren Namen sie handeln und für die sie daher in vollem Ernst die Verantwortung tragen. Die Souveränität des Volkes wurde zu schwer erkauft, um sie eilends einem Weltphantasma zu opfern.
Das schließt Verantwortung gegen die wirkliche Weltgemeinschaft nicht aus. Hat die politische Klasse in Deutschland die Nerven verloren, als ihre Kanzlerin sich zum Idol aller refugees aufschwang, Englands Brexit den europäischen Einigungsprozess widerrief und Donald Trump die Wahl zum US-Präsidenten gewann? Viele, darunter nicht wenige Ernüchterte des Betriebs, meinen, sie habe in den entscheidenden Tagen und Wochen Verstand, Urteilsver-
mögen und Augenmaß, kurz, den ›Kontakt zur Wirklichkeit‹verloren, wo auch immer man letztere anzusiedeln bereit ist. Vor der Einsicht steht die Analyse, jedenfalls sollte sie dort stehen.