Makroökonomische Lehrbücher: Wissenschaft oder Ideologie
Helge Peukert
Die Makroökonomie ist fester Kernbestandteil der Wirtschaftswissenschaften. In der Lehre wird hierbei (nicht nur in Deutschland) auf sehr wenige Lehrbücher zurückgegriffen. Dieser Beitrag geht der Frage nach, wie einseitig oder plural die makroökonomischen Lehrbücher sind, an denen kein Studierender vorbeikommt. Zunächst wird näher bestimmt, was den vorherrschenden Mainstream und kontrastierend eine heterodoxe Ausrichtung grundlegend charakterisiert. Anhand des Lehrbuches von Blanchard und Illing werden folgende Fragen näher untersucht: Weist es eine einseitige Mainstreamausrichtung (z.B. die New Consensus Macroeconomics) auf oder werden auch andere ökonomische Denkschulen einbezogen? Wie sind die Kernbausteine und Modelle des Lehrbuchs, z.B. das IS-LM-Modell, die Phillips-Kurve und die NAIRU einzuschätzen? Wird der Geldschöpfungsprozess richtig erklärt? Steht das BIP immer noch als unangefochtener Zielwert an oberster Stelle? Welche Rollen schreiben die Autoren dem öffentlichen Sektor und der Zentralbank zu? Führt ihre Einordnung verschiedener Ansätze und Annahmen (z.B. zu fixen und flexiblen Preisen) in eine kurze und eine lange Frist zu einem eklektischen Durcheinander oder gelingt ihnen eine neue Theoriesynthese? Wird die Entstehung der Finanzkrise näher erklärt und werden Reformmaßnahmen angemessen diskutiert? Und liegt den Lehrbüchern insgesamt eine eher zurückhaltend-ausgewogene oder eine letztlich wissenschaftlich nicht begründbare, z.B. marktliberal-konservative Weltsicht zugrunde?
Ergänzend werden andere vorherrschende Lehrbücher (u.a. von Mankiw und Samuelson) kurz unter die Lupe genommen, um anschließend alternative Lehrbücher vorzustellen, die im deutschsprachigen Raum weitgehend unbekannt sind, aber nicht die bei der Untersuchung festgestellten Mängel aufweisen. Neben dem makroökonomischen Mainstream berücksichtigen sie auch verschiedene andere Denkschulen und gehen auf gegenwärtige Herausforderungen wie soziale Ungleichheit und die Gefährdungen der Umwelt realitätsnah und in pluraler Perspektive ein.