Mannheims Wanderfalken – Familienleben durch die Kamera
Kalender 2020
Gerhard Rietschel
Der Wanderfalke (Falco peregrinus) war Ende der sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts in Deutschland fast ausgestorben. In dieser Situation gründete sich 1965 gewissermaßen als „Bürgerinitiative im Artenschutz“ die AGW, die Arbeitsgemeinschaft Wanderfalkenschutz. In ihr kämpften naturbegeisterte Bürger aus allen Berufsgruppen ehrenamtlich in vielseitigen Aktivitäten wie Horstbewachung rund um die Uhr gegen Eier- und Jungendiebstahl. Nisthilfenbau in Felswänden und an Gebäuden begünstigten ein Wiedererstarken der Population. Auf Grund dieser intensiven Schutzmaßnahmen, sowie durch das Verbot einiger Umweltgifte wie DDT und PCB, die die Entwicklungsfähigkeit der Eier von am Ende der Nahrungskette stehenden Greifvögeln beeinträchtigten, erholte sich die Population langsam wieder. So konnte sich 1988 erstmals wieder ein Wanderfalkenpaar an einem Mannheimer Kirchturm ansiedeln. Durch diese erste Wildbrut in Mannheim ermutigt, wurden nach und nach an mehreren hohen Gebäuden Mannheims Nistmöglichkeiten für den Wanderfalken angebracht, so dass schließlich der Mannheimer Fernmeldeturm, zwei Kamine des Großkraftwerks sowie ein Kirchturm im Stadtzentrum von wildlebenden Wanderfalken besiedelt wurden. Dazu kamen Spontanansiedlungen an einer Rheinbrücke und in einem stillgelegten Abluftrohr eines Industriegebäudes im Rheinauhafen. Aus diesen Nisthilfen sind nicht nur im Laufe der Jahre fast 200 Jungfalken ins Leben gestartet, sondern sie ermöglichten auch die fotografische Dokumentation des Brutgeschehens, die sich in diesem Kalender für 2020 mit einmaligen Bildern niedergeschlagen und einige neue Erkenntnisse zur Brutbiologie des Wanderfalken erbracht hat.
Im Turm der Mannheimer Konkordienkirche wurde schon 1993 eine Nisthilfe für Wanderfalken eingebaut, die seit 1994 regelmäßig zum Brüten genutzt wird. Nachdem ab 2010 das Brutgeschehen über nacheinander mehrere Kameratypen in die angrenzende Mozartschule übertragen werden konnte, sehr zur Begeisterung der Schüler, sponserte der Verein für Naturkunde Mannheim eine fernsteuerbare HD-Kamera, die nach ihrer Montage Anfang 2019 nicht nur die Übertragung in die Schule gewährleistete, sondern zudem hochwertige Bilder und Videos aus dem Familienleben der Falken lieferte und speicherte, die die Grundlage für diesen Kalender bilden. So konnte vermutlich erstmals dokumentiert werden, dass und in welchem Ausmaß die Falkenmutter aktiv ihren Küken beim Schlupf hilft, da diese Aufnahmen ohne die geringste Störung des Altvogels entstanden.