Medizinische Versorgungszentren und Integrationsversorgung – Beiträge zur effizienten Leistungserbringung im Gesundheitswesen?
Eine institutionenökonomische Analyse
Martin Baumann
Die gegenwärtigen Mängel der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind als das Ergebnis der eigennützigen Handlungen aller Akteure innerhalb eines sehr dicht regulierten und kaum überschaubaren Ordnungsrahmens zu sehen. Die strikte Trennung von Versicherungsaufgaben und Leistungserbringung sowie die intensive Arbeitsteilung zwischen unabhängig voneinander agierenden Leistungserbringern resultiert in starren Grenzen und einer mangelnden Koordination der Versorgungsprozesse. Die Akteure verfügen in der Regelversorgung nicht über den unternehmerischen Handlungsspielraum zum Aufbau und Betrieb von Versorgungsstrukturen, die einem individuellen Effizienzkalkül folgen. Neue Versorgungsformen sollen vor diesem Hintergrund einen positiven Beitrag zur Beseitigung vieler Versorgungsmängel leisten. Die vorliegende Arbeit befasst sich mit zwei ausgewählten neuen Versorgungsformen, die in der aktuellen Diskussion besonders intensiv erörtert werden: den Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) gemäß § 95 SGB V sowie der Integrationsversorgung nach den §§ 140 a-d SGB V.
Es stellt sich die Frage, ob durch den Aufbau derartiger neuer Strukturen unter den gegebenen Rahmenbedingungen eine Effizienzsteigerung zu erwarten ist. Zur Klärung dieser Kernfrage wird in der vorliegenden Arbeit zunächst eine umfassende Analyse der Anreizprobleme und Steuerungsdefizite der Regelversorgung der GKV durchgeführt. Eine ergänzende Analyse der Beherrschungs- und Überwachungssysteme dient der Ermittlung weiterer Organisationsdefizite in der Regelversorgung. Auf dieser Basis werden im Rahmen einer institutionenökonomischen Analyse die Auswirkungen der MVZ sowie der Integrationsversorgung auf die Effizienz des deutschen Gesundheitswesens herausgearbeitet. In einer differenzierten Betrachtung werden systematisch die jeweiligen Anreize der unterschiedlichen institutionellen Arrangements und Organisationsmöglichkeiten miteinander verglichen und daraus grundlegende Aussagen zur Gestaltung der Rahmenbedingungen des Gesundheitswesens abgeleitet.