Mehrfachmandate von Aufsichtsratsmitgliedern
Eine Panel-Analyse ihrer Wirkung in deutschen Unternehmen
Jana Oehmichen
Die Professionalität von Aufsichtsräten ist ein häufig diskutiertes Thema. Die zusätzlichen Mandate, die einzelne Aufsichtsratsmitglieder halten, sind dabei von Wissenschaftlern und Praktikern als entscheidender Stellhebel identifiziert worden. Doch die Meinungen gehen auseinander. Gegner der Mehrfachmandate sehen die Gefahr der zeitlichen Abgelenktheit durch die Anzahl der zusätzlichen Mandate und der Selbstoptimierung einer sozialen Elite, die sich durch das Netzwerk gebildet hat.
Befürworter argumentieren dagegen entweder auf Basis der Reputationswirkung, die den zusätzlichen Mandaten zugesprochen wird, oder deklarieren das resultierende Aufsichtsratsnetzwerk als relevanten Ressourcenkanal. Der Forschungsbeitrag der Dissertation besteht in den folgenden drei Aspekten: Erstens werden die vier Sichtweisen erstmals zusammengeführt und empirisch Aspekte der Abgelenktheit (Anzahl der zusätzlichen Mandate) und der Vernetztheit simultan auf einer Stichprobe analysiert. Zweitens wird neben Performanceanalysen untersucht, welchen Einfluss Abgelenktheit und Vernetztheit auf die Qualität zweier exemplarischer Aufsichtsratsentscheidungen – Vorstandsvergütung und Dividendenausschüttung – haben. Drittens basiert die Arbeit auf einer einzigartigen Datengrundlage. Hierzu wird eine Panelstichprobe von 1.391 Unternehmensjahren der zwischen 2003 und 2007 im deutschen Prime Standard gelisteten Unternehmen manuell erfasst.
Die Untersuchung berücksichtigt dabei über 10.000 Aufsichtsratspositionen. Für jedes Aufsichtsratsmitglied wird erhoben, wie viele zusätzliche Mandate (im In- und Ausland) es hält und wie stark es über zusätzliche Mandate in das Netzwerk aller an der Deutschen Börse notierter Unternehmen eingebunden ist. Mittels Panel-Regressionen wird die Wirkung der Mehrfachmandate untersucht. Es finden sich ausschließlich Hinweise auf einen negativen Einfluss von Mehrfachmandaten – sowohl auf den Unternehmenserfolg als auch auf die Qualität der Aufsichtsratsentscheidungen. Zudem kann festgestellt werden, dass dieser negative Effekt durch beide Aspekte (die Abgelenktheit und die Vernetztheit) signifikant getrieben wird.