Michelangelo Antonioni
Bild - Projektion - Wirklichkeit
Matthias Bauer
Nur scheinbar ist über Antonioni alles gesagt. Diese neue Gesamtdarstellung seines Schaff ens geht nicht nur bislang vernachlässigten Aspekten nach – sie zeigt vor allem, wie sich der Künstler entwickelt und die Sprache des Kinos mehr als einmal erneuert hat. Michelangelo Antonioni galt nach seinem internationalen Durchbruch mit „L’avventura“ (1960), spätestens aber nach „Blow-Up“ (1966), als einer der wichtigsten Vertreter des Europäischen Autorenkinos. Allerdings gehen die meisten Interpreten auf seine frühen Schwarzweißfilme und die nach „Professione: reporter“ (1975) entstandenen Werke nur beiläufig oder gar nicht ein. In dieser umfassenden Darstellung werden erstmals alle Regiearbeiten eingehend besprochen, was sowohl zu einer Erweiterung der üblichen Deutungsmuster als auch zu einer stärkeren Berücksichtigung der Texte und Diskurse wie Künste und Medien führt, die den Kontext der einzelnen Werke und Werkphasen bilden. Antonioni hat sich und sein Kino mehrmals neu erfunden: in Abgrenzung zum italienischen Neorealismus, im Dialog mit Malerei und Literatur, in der Auseinandersetzung mit der Post- und Pop-Moderne wie in der Begegnung mit kultureller Alterität. Als off ene Kunstwerke können seine Filme als fortlaufende Infragestellung politischer und intellektueller Gewissheiten, vor allem aber als Anregungen zur beständigen Umgestaltung des Wechselspiels von Bild und Wirklichkeit verstanden werden.