Mitternachtssonne
Erzählungen
Manfred Hausmann
Landschaft und Leben im Norden Europas erscheinen in einem besonderen Licht – nicht nur zur Zeit der Mitternachtssonne, wenn Fjorde, Städte, Menschen und vor allem das Eis ihr Aussehen verändern. Hier herrscht eine andere Atmosphäre; vielleicht läßt man sich deshalb leichter verzaubern, leichter in die eigene Vorstellungswelt entrühren. Dann allerdings kann es geschehen, daß man sich seltsam angezogen fühlt von einer Porträtbüste im Museum oder von der Erscheinung einer schweigenden jungen Frau im Hotel – daß man sich unbekümmert einem Taxifahrer seines nostalgischen Vehikels wegen anvertraut oder dem schier unendlichen Reden eines Barkeepers – daß man auf einer Schiffsreise beim Landgang unversehens auf einen Eisbären oder auf ein Gräberfeld am Rande des ewigen Eises trifft – daß man in einzigartiger Natur einen Selbstmörder nicht vor sich selbst und einen Menschen, der einen anderen getötet hat, nicht vor Strafe bewahren kann;entscheidend ist bei alldem, daß es hier ganz anders beleuchtet wird. Alle Erlebnisse gleichen dem einen: daß der Nebel von Jan Mayen sich hebt und den Blick auf den Berg für einen Moment freigibt – daß man erkennen kann. Diese Geschichten sind sehr bewußt zwischen Kopenhagen und dem Packeis angesiedelt.