Morphologie und ontogenetische Veränderungen der Suturen des Gesichtsschädels beim Pferd: Computertomographische und histologische Untersuchungen von Kern,  Sabine

Morphologie und ontogenetische Veränderungen der Suturen des Gesichtsschädels beim Pferd: Computertomographische und histologische Untersuchungen

Erkrankungen des Schädels von adulten Pferden, die mit einer primären und/oder sekundären Beteiligung von Suturen einhergehen, sind als Entzündungen der Suturen (Suturitis) und als knöcherne peri- und endostale Knochenproliferation (Suturen-Exostosen) beschrieben. Aktuelle Publikationen lassen darauf schließen, dass die Erkrankungen deutlich mehr klinische Relevanz haben als bisher angenommen. Einerseits sind die Erkrankungen lediglich bei adulten Pferden beschrieben, aber andererseits sind nur offene Suturen von diesen Erkrankungen betroffen. Diese Fakten widersprechen der bisherigen Annahme, dass die Schädelsuturen beim Pferd mit 24 Monaten knöchern durchbaut sind. Zudem fehlen morphologische Beschreibungen von Suturen des Gesichtsschädels beim Pferd, denn insbesondere diese scheinen betroffen zu sein.
Es standen insgesamt 52 CT-Datensätze von Schädeln von Pferden im Alter von unter einem Jahr bis 30 Jahren zur Verfügung. Für die Rekonstruktion der CT-Schnittbilder in 3D wurde das Programm Amira 6.2.® gewählt. Die Transversalschnittbilder aus dem CT-Datenstapel wurden von einem unerfahrenen und einem erfahrenen Untersucher unter dem Einsatz eines kommerziell erhältlichen computertomographischen Programms beurteilt und ausgewertet. Sechs Schädel wurden im Anschluss an die CT-Untersuchungen histologisch aufgearbeitet und untersucht. Beurteilt wurden die Sutura internasalis, die Sutura fronto-nasalis sinister und dexter, die Sutura lacrimo-maxillaris sinister und dexter und die Sutura zygomatico-maxillaris sinister und dexter.
Insgesamt wurden computertomographisch 135 offene, 28 partiell offene und 201 geschlossene Suturen befundet. In der histologischen Untersuchung wurden insgesamt 55 offene Suturen, die als Syndesmosen, und 346 geschlossene Suturen, die als Synostosen kategorisiert worden sind, befundet. Histomorphologisch stellten sich die Suturen folgendermaßen dar. Die Knochenränder wiesen einen zellhaltigen Saum als Übergang zu den straffen Bindegewebsfasern auf. Innerhalb des Bindegewebes waren zahlreiche, spindelförmige Fibrozyten, entweder zentral oder randständig angeordnet, und vereinzelt Blutgefäße eingelagert. Die Suturen verliefen geradlinig, mäanderförmig, herzförmig oder rund. Im Besonderen konnte ein direkter Kontakt zwischen Suturen und dem knorpeligen Septum nasi, der Schleimhaut des Sinus conchae dorsalis sowie der Nasenschleimhaut nachgewiesen werden.
Die in der Computertomographie als geschlossen befundeten Suturen wiesen auch histologisch keine Bindegewebsbrücken auf. Computertomographisch als partiell geschlossen befundete Suturen wiesen allerdings histologisch deutliche Bindegewebsbrücken zwischen den Knochenrändern auf. Histologisch wurden mehr offene Suturen vorgefunden als in der CT.
Die morphologischen Befunde wurden in Hinblick auf verschiedene Alterskategorien (jung, < 5 Jahre; adult, < 20 Jahre; geriatrisch, < 31 Jahre) analysiert. Die Sutura internasalis lag in jungen (n= 19) und adulten Pferden (n= 19) überwiegend offen (94,74%, 63,16%), in geriatrischen Pferden (n= 10) jedoch hauptsächlich partiell offen vor (80%). Sowohl die Sutura zygomatico-maxillaris als auch die Sutura lacrimo-maxillaris waren in einigen jungen Pferden (21,05%) bereits geschlossen. Nur in wenigen geriatrischen Pferden (10%) waren diese Suturen noch offen. Während sich über die Hälfte (57,89%) der Sutura fronto-nasalis in jungen Pferden bereits vollständig geschlossen hatte, stieg mit zunehmendem Alter des Pferdes die Anzahl der geschlossenen Suturen an, so dass in geriatrischen Pferden ausschließlich geschlossene Suturen vorlagen. Die Ergebnisse dieser Studie belegen einen altersabhängigen Suturenschluss. Aus ätiopathologischer Sicht können Suturitiden oder Suturen-Exostosen nur in offenen Suturen als entzündliche Veränderung des sutureigenen Bindegewebes vorkommen. Die vorliegende Studie dokumentiert erstmalig computertomographische und histomorphologische Charakteristika von Suturen des equinen Gesichtsschädels. Damit wird eine Basis für weiterführende, klinische Studien geschaffen.

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