Mutationen im SLC19A3-Gen bei einer Familie mit Biotin-abhängiger Basalganglienerkrankung von Grzybowski,  Michelle

Mutationen im SLC19A3-Gen bei einer Familie mit Biotin-abhängiger Basalganglienerkrankung

Die BBGD gehört zur Gruppe der progredienten vitaminabhängigen Enzephalopathien. Sie ist gekennzeichnet durch subakute Episoden fortschreitender Bewusstseinsminderung, spastisch dystoner Bewegungsstörung und epileptischer Anfälle. Die neurologischen Symptome können infolge eines febrilen Infekts oder bei kataboler Stoffwechsellage auftreten und manifestieren sich überwiegend erstmals im frühen Kindesalter. Es ist bekannt, dass autosomal-rezessiv vererbte Mutationen im SLC19A3-Gen, das einen zerebralen Thiamin-Transporter kodiert, der BBGD zugrunde liegen. Mit einer Biotin- und/oder Thiamin-Therapie ist die Erkrankung meist dauerhaft behandelbar, jedoch in ihrer Wirkqualität uneinheitlich. Dies lässt die Hypothese zu, dass die Aktivität des SLC19A3 durch verschiedene Mutationen in unterschiedlicher Weise beeinflusst wird. In der vorgelegten Arbeit wurde erstmals ein Zusammenhang zwischen dem genetischen Profil des SLC19A3-Gens und der SLC19A3-Aktivität sowie der SLC19A3-Expression in Fibroblasten unter Hypoxie- und Azidosebedingungen hergestellt. Bei einem Kollektiv von zehn Patienten mit dem klinischen Bild einer progredienten Enzephalopathie wurden DNA-Sequenzanalysen u.a. des SLC19A3-Gens durchgeführt. Hierbei wurden bei zwei betroffenen Brüdern zwei compound-heterozygote Mutationen nachgewiesen. Es handelte sich um die Missense-Mutation p.W94R und die Deletion p.Q393*fs. In transient transfizierter humaner embryonaler Nierenzellkultur (MSR293) zeigten kinetische Transportmessungen der p.W94R-Mutante eine 6,5-fach niedrigere Affinität zu Thiamin als der Wildtyp. Die Q393*fs-Variante führte zum vollständigen Funktionsverlust. Mittels indirekter Immunfluoreszenz wurde die Lokalisation von Wildtyp- und W94R-Protein in kaniner Nierenzellkultur (MDCK) an der Zelloberfläche und in intrazellulären Kompartimenten nachgewiesen. Im Gegensatz dazu zeigte sich keine Integration des p.Q393*fs-Proteins in die Zellmembran. Pathoanatomisch zeigten sich ältere und neuere nekrotisch-hämorrhagische Läsionen im postmortalen Hirngewebe des verstorbenen Patienten und eine erheblich verringerte Expression von SLC19A3 in Basalganglien und Kortex in Real-Time PCR und Western-Blot. In vitro fand sich unter Azidose- und Hypoxiebedingungen eine Hochregulation von SLC19A3 in Kontroll-Fibroblasten, jedoch keine Steigerung der SLC19A3-Aktivität in Patienten-Fibroblasten. Aus diesen Ergebnissen lässt sich schlussfolgern, dass die Lokalisation, die Aktivität wie auch die Induzierbarkeit von SLC19A3 abhängig von Mutationen im SLC19A3-Gen sind. Außerdem lassen die Ergebnisse vermuten, dass die BBGD die phänotypische Ausprägung einer Kombination von herabgesetzter Thiamin-Transportkapazität und fehlender Induzierbarkeit der SLC19A3-Expression unter zellulärem Stress darstellt.

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