Nasses Brot
Richard Hasemann
Mai 1945, südlich von Prag: letzte Schüsse fallen, Reste deutscher Einheiten marschieren im Eiltempo Richtung Westen, um nicht den Tschechen und nicht der Roten Armee in die Hände zu fallen. Doch es ist zu spät – und wochenlang wird Leutnant Seemann im Güterzug nach Kischinew in Moldawien und dann weiter bis nach Sibieren gekarrt. Die Männer sterben wie die Fliegen. Wer überlebt, hat durchgestanden, was kein Tier durchstünde.
Gefangenschaft, Verschleppung, endlose Fahrt, unvorstellbare Kälte, Monate und Jahre nagenden Hungers und härtester Arbeit – ein bißchen Kameradschaft, ständige Gerüchte, ein Leben und ein Zugrundegehen ohne jede Hoffnung.
Richard Hasemann (1905–1986) hat sich zwischen 1952 und 1955 mit drei Büchern den Albdruck seiner Kriegs- und Gefangenschaftserlebnisse sozusagen therapeutisch von der Seele geschrieben. Danach hat er kein Wort mehr veröffentlicht.
Antaios hat Hasemann wiederentdeckt und die Erzählung Südrand Armjansk in die streng limitiierte Reihe Mäander aufgenommen (vergriffen).
Nasses Brot erschien 1952. Ernst Jünger schrieb an seinen Verleger Günther Neske in einem Brief vom 7. Juni 1952 : „Allnächtlich lese ich jetzt ‚Nasses Brot’ und bin schon beim letzten Drittel angelangt. Das Buch macht einen außerordentlichen Eindruck auf mich. Noch an keinem Punkte der Weltliteratur fand ich die Begegnung mit dem Elementarreich so überzeugend und schonungslos geschildert wie hier. Das Buch muß unter einem Albdruck geschrieben sein. Der Stil gleicht in seinem kinematographischen Charakter dem des amerikanischen Romans, aber mit einer ganz anderen Wucht und Fülle der Inhalte.“