Nelly Mann
Heinrich Manns Gefährtin im Exil
Annette Lorey
Der Schriftsteller Heinrich Mann stand in der Weimarer Republik
im Zenit seiner Popularität, als er sich in Nelly Kröger verliebte, eine
27 Jahre jüngere, attraktive Bardame vom Berliner Kurfürstendamm.
Begonnen als amour fou, blieb das Paar zusammen, heiratete im französischen
Exil und flüchtete erneut vor den deutschen Truppen in die
USA. Das literarische Umfeld allerdings war schockiert; lebenslang
haftete Nelly Mann der Hautgout des Halbseidenen an. Als sie mit 46
Jahren in Los Angeles Selbstmord beging, lagen elf Jahre Exil hinter
ihr und zuletzt ein Leben in zunehmender Verzweiflung und Armut.
Ihren Mann ließ sie in Trauer und Einsamkeit zurück. Für den Bruder
Thomas Mann aber war es das ersehnte Ende einer Skandalgeschichte.
Bis heute hält sich die Legende von der »unglücklichen Säuferin«, die
den honorigen, alternden Schriftsteller erst verführt und dann ruiniert
hat. Bisher unveröffentlichte Dokumente und Briefe sprechen allerdings
eine andere Sprache: sie zeigen eine mutige Frau mit politischer
Haltung, empathisch, witzig und schlagfertig, auch misstrauisch und
ungerecht – aber lebenslang auf der Suche nach Geborgenheit.
Zu entdecken sind ein bis heute wenig beachtetes Kapitel der deutschen
Vergangenheit, ein unkonventionelles Leben in schwierigen
Zeiten und die Geschichte einer großen Liebe.