Netz-Evaluation und Engpassbehandlung mit makroskopischen Modellen des Eisenbahnbetriebs
Michael Kettner
Seit Beginn der Entwicklung der Eisenbahn vor 200 Jahren bis heute sind Bau, Instandhaltung und Weiterentwicklung von Schieneninfrastruktur zentrale Aufgaben eines Eisenbahnunternehmens. Wegen ihrer Langlebigkeit und der großen Dauer von Planungsverfahren muss dabei besondere Sorgfalt und Weitsicht walten. Im Zuge der erfolgreichen Entwicklung moderner Computer und Software haben sich rechnergestützte Simulationsmodelle als Hilfsmittel zur Unterstützung langfristiger Eisenbahninfrastrukturplanung etabliert. Ein solches ist das am IVE der Uni Hannover entwickelte Netz-Evaluations-Modell NEMO.
Wegen des meist ausgedehnten Untersuchungsraums und der damit verbundenen umfangreichen Datenmengen basiert das Modell auf dem makroskopischen Ansatz der Aggregation von Daten. Die Infrastruktur wird als Netzwerk aus Knoten und Kanten repräsentiert. Um dabei den besonderen Gegebenheiten im Eisenbahnwesen gerecht zu werden, wird in dieser Arbeit die Technik des invertierten Graphen entwickelt. Auf Basis von Prognosedaten zum Güteraufkommen erfolgt modellintern eine Wagen- und Zugbildung, wobei die Züge des Personenverkehrs als Grundbelastung übernommen werden. Aus den so errechneten Zugzahlen im Netz werden mittlere Betriebsprogramme abgeleitet.
Anhand einer Leistungsuntersuchung lassen sich darauf aufbauend Engpassbereiche identifizieren. Im Rahmen dieser Arbeit werden zwei Verfahren zur anschließenden Engpassbehandlung entwickelt. Ziel der Engpassauflösung ist, möglichst viele der identifizierten Engpässe durch Umlegung von Zügen auf alternative Laufwege zu entlasten. Als Konsequenz des identifizierten Entwicklungspotenzials dieses Verfahrens wird das Verfahren der gleichmäßigen Lastverteilung eingeführt, welches als primäres Ziel eine möglichst homogene Belastung des Netzwerkes hat.
Beide Verfahren werden im Zusammenspiel mit der Technik des invertierten Graphen anhand aufwendiger Beispielrechnungen überprüft. Die resultierende prognostizierte Belastung der Infrastruktur erscheint realistisch, wobei die resultierenden Trassen der Züge so attraktiv sind, dass eine marktgerechte Umsetzung möglich ist. Das in dieser Arbeit vorgestellte Simulationsmodell und die entwickelten Verfahren unterstützen den erfahrenen Anwender und sind ihm ein zuverlässiges Hilfsmittel bei der langfristigen Infrastrukturplanung im Eisenbahnwesen.