Odysseus in Venedig
Sujetwahl und Rollenkonzeption in der venezianischen Oper des 17. Jahrhunderts
Hendrik Schulze
Die Figur des Odysseus war bei den Literaten des italienischen 17. Jahrhunderts sehr unbeliebt. Sie galt als zu ambivalent, um Protagonist eines literarischen Werkes zu sein. Trotzdem entstanden zur gleichen Zeit allein in Venedig nicht weniger als neun Opern, in denen Odysseus eine der handelnden Figuren ist. Mit seinem ersten Auftritt in Giacomo Badoaros und Claudio Monteverdis (1640) wurde er gerade wegen seiner Ambivalenz sogar zum Prototyp des idealen Opernhelden für das ganze 17. Jahrhundert. In seiner Figur vermochten sich alle Elemente dieser Gattung zu mischen und konnten sich doch zu einem logischen Ganzen zusammenfügen. So läßt sich anhand seiner Figur die Bedeutung von Sujetwahl und Rollenkonzeption für die venezianische Oper dieser Zeit exemplarisch darstellen.